Karbonatgesteine
Karbonatgesteine unterschiedlichster Zusammensetzung sind Grundstoffe in der Kalk- und Zement-Industrie. Kalk- und Zementrohstoffe sind nach Natur- und Naturwerksteinen sowie den Sanden und Kiesen mit 3,8 Mio. Tonnen Jahresförderung (Stand Lagerstättenerhebung 2016) die drittwichtigste Rohstoffgruppe in Hessen.
Als Karbonatgesteine werden Gesteine bezeichnet, die überwiegend aus den Mineralen Kalzit bzw. Kalkspat (CaCO3), Dolomit [CaMg(CO3)2] oder beiden Mineralen in unterschiedlicher zusammengesetzt sind.
Am bekanntesten ist der Kalkstein. Kalkstein besteht zu mindestens 80% aus dem Mineral Kalzit (CaCO3). Es ist vorwiegend biogener Kalzit in Form von Schalen- oder Skelettresten oder von deren fein- bis feinstkörnigen Zerreibseln, oft unter Beteiligung von gelöstem und wiederausgefälltem Kalzit. Vielfach haben die Kalksteine Verunreinigungen oder Beimengungen von Ton, Schluff oder Quarzsand. Höhere Tonbeimengungen leiten zu Mergelsteinen über.
Hauptbestandteil von Dolomitstein ist das namensgebende Mineral Dolomit [CaMg(CO3)2]. Dolomitsteine sind zumeist sekundär aus Kalksteinen durch Zufuhr magnesiumhaltiger Lösungen unter Verdrängung von Kalzium entstanden. Sie enthalten vielfach Beimengungen von reliktischem Kalzit sowie Ton, Schluff, oder Sand. Die Dolomitisierung von Kalksteinkomplexen erfolgt zumeist über Kluftsysteme und Störungen. Durch Verwitterung erscheinen solche Gesteine oftmals zellig, porig oder kavernös und neigen zu sandig-grusigem Zerfall. Zwischen reinen Kalk- und Dolomitsteinen gibt es alle Übergangsformen.
Die karbonatischen Ablagerungen erfuhren während der Gesteinsbildung (Diagenese) neben einer Verdichtung häufig eine Zementation der Porenräume mit unterschiedlichen Bindemitteln, Veränderungen der mineralogischen Zusammensetzung sowie Umkristallisationen des Mineralgefüges.
Unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen umkristallisiertes Karbonatgestein gehört zu den metamorphen Gesteinen und wird als Marmor bezeichnet, nicht zu verwechseln mit dem Handelsbegriff „Marmor“ wie z.B. dem „Lahnmarmor“ , bei dem es sich lediglich um polierfähigen Kalkstein handelt. Echter Marmor kommt im kristallinen Odenwald vor, hat aber heute keine wirtschaftliche Bedeutung mehr.
Wirtschaftlich nutzbare Karbonatgesteine sind dezentral über Hessen mit Schwerpunkt in Nordhessen verteilt. Das spiegelt auch die Verteilung der in Gewinnung stehenden Kalksteinbrüche in Hessen wieder. Ein breiter Nord-Süd-Streifen von Viernheim bis Bad Karlshafen ist praktisch frei von Kalk- und Zementrohstoffen (siehe Karte).
Mitteldevonische Riffkalke sog. Massenkalke hoher Reinheit kommen im Rheinischen Schiefergebirge zwischen Limburg und Gießen vor und sind mit einem Alter von ca. 385 Mio. Jahren die geologisch ältesten nutzbaren Karbonatgesteine in Hessen. Lagerstätten der Zechsteinzeit treten im Raum Korbach sowie in Nordosthessen zwischen Witzenhausen und Sontra auf, die der Muschelkalkzeit nordwestlich Kassel, nördlich Hünfeld sowie in zahlreichen schmalen tektonischen Gräben Nordhessens, wo die ehemals flächenhaft verbreiteten Kalksteine durch Absenkung der Erosion und Abtragung entgangen sind. Tertiärzeitliche Kalksteine mit Qualitäten für die Zementherstellung treten nur im Raum Wiesbaden auf.
Kalk ist das bedeutendste Bindemittel in der Baugeschichte. Seit Tausenden von Jahren schon verändert der Mensch Kalkstein durch Brennen (Resultat Kalziumoxid und Kohlendioxid), „löscht“ diesen Branntkalk mit Wasser und verwendet ihn, um Mörtel für Mauerwerke und Putze herzustellen, oder nutzt den Rohstoff für Kalkanstriche und Wandmalereien. Immer wieder versuchte der Mensch auch dieses Material durch Zusätze weiter zu verbessern. Die Herstellungstechniken haben sich daher durch die Jahrhunderte stark verändert.
Kalk- und Zementrohstoffe sind heute für die Herstellung vieler Konsum- und Investitionsgüter unverzichtbar. Einerseits fungieren Karbonate als bedeutende Baurohstoffe, andererseits sind sie aufgrund ihres Kalzium- bzw. Magnesiumkarbonatanteiles und ihrer chemischen Reaktionsfähigkeit wichtige Grundstoffe für verschiedene Industriezweige, wie die Zementindustrie, die chemische Industrie sowie die Stahl-, Glas-, Papier-, Kunststoff-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie. Die Land- und Forstwirtschaft benötigt Kalkstein und den daraus durch Brennen hergestellten Kalk als natürliches Düngemittel und für Schutzmaßnahmen, so z.B. zur Wald- und Teichkalkung.
In Hessen finden Karbonatgesteine überwiegend in der Bauindustrie, als gebrochener Naturstein in Form von Splitt und Schotter oder als Rohstoff zur Kalk- und Zementproduktion Verwendung. Hessische Karbonatrohstoffe sind darüber hinaus ein wichtiger Grundstoff für großtechnische Prozesse der Eisen- und Stahlindustrie, der Feuerfest- und der chemischen Industrie sowie zur Herstellung von Düngekalk und zur Bodenverbesserung. Dagegen haben Karbonatgesteine als bearbeitbarer Werkstein (Naturwerkstein), wie der bekannte „Lahnmarmor“, der sogar im Empire State Building zur Innenauskleidung verarbeitet wurde, derzeit keine Bedeutung in Hessen.