Kohlenwasserstoffe aus konventionellen Lagerstätten
In Hessen sind bislang nur im Oberrheingraben geologische Verhältnisse bekannt, die eine wirtschaftliche Gewinnung von Erdöl- oder Erdgasvorkommen mit konventionellen Fördermethoden gestatten. Die in bituminösen, feinkörnigen Muttergesteinen gebildeten Kohlenwasserstoffe sind in Fallenstrukturen mit porösen Gesteinen und undurchlässigen Begrenzungen innerhalb der mächtigen tertiären Grabenfüllung migriert. Diese Fallenstrukturen sind nur lokal unter speziellen tektonischen und faziellen Ausbildungen der Gesteine entwickelt.
Im Oberrheingraben wird Erdöl schon seit über hundert Jahren gewonnen. In den drei früheren Konzessionsgebieten im hessischen Oberrheingraben wurde zwischen den fünfziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts Erdöl aus der eozänen bis oligozänen Pechelbronn-Gruppe aus Tiefen über 1800 m gefördert.
Im Feld Stockstadt wurde in den Jahren 1952 bis 1994 insgesamt 1.041.900 t,
im Feld Hofheim-Wattenheim zwischen 1954 und 1976 insgesamt 38.500 t und
im Feld Eich-Königsgarten 1959 bis 1964 sowie 1983 bis 1994 insgesamt 677.700 t Erdöl gefördert.
(Schüßler, „Chronik des Betriebes Stockstadt“, 2004)
Erdgas findet sich in sandigen Lagen innerhalb der jungtertiären Abfolge in etwa 500 m und in den Hydrobienschichten bis zu ca. 800 m Tiefe. Von 1955 bis 1979 wurde im Erdgasfeld Stockstadt insgesamt 516,8 Mio. m³, im Erdgasfeld Dornheim zwischen 1957 und 1980 insgesamt 199, 4 Mio. m³ und im Erdgasfeld Eich-Wolfskehlen von 1955 bis 1972 insgesamt 117,9 Mio. m³ Erdgas gefördert. Mit den kumulierenden Fördermengen aus den Erdöl- und Erdgasvorkommen setzte ein zunehmender Zustrom von mineralisiertem Grundwasser in die Kohlenwasserstofffallen ein, sie „verwässerten“.
Heute werden natürliche Fallenstrukturen in Stockstadt und in Hähnlein von der Fa. MND Energy Storage Germany GmbH als Erdgasspeicher genutzt. Diese Strukturen sind nicht alle natürlich gasführend gewesen, sondern enthielten teilweise lediglich mineralisiertes Wasser.
Die Erdgasspeicher liegen in jungtertiären Sanden, innerhalb von durch Störungen begrenzten tektonischen Schollen in Teufen um 500 bis 550 m. Der Erdgasspeicher Stockstadt nutzt z.B. östlich der Linie Biebesheim-Stockstadt die jungtertiären durchlässigen Sandhorizonte 7 und 8. Sand 7 ist nach oben durch eine etwa 30 m mächtige Tonserie von Sand 8 abgesperrt, im Liegenden von einer 70 m mächtigen Tonserie abgedichtet. Über Sand 8 lagert eine etwa 50 m mächtige Tonserie. Natürlich gasführend war nur der Sand 7. Die maximale nutzbare Speicherkapazität beträgt in Stockstadt ca. 240 Mio. m³ und in Hähnlein ca. 160 Mio. m³.
Außerdem bestehen in Osthessen seit den 1990er-Jahren drei künstlich geschaffene, ca. 240 m hohe Kavernen mit ca. 75 m Durchmesser bei Eiterfeld-Reckrod (Osthessen) in der mächtigen Steinsalzlagerstätte des Werra-Salinars. Diese Kavernen fassen rund 178 Mio. m³ Erdgas, davon rund 110 Mio. m³ Arbeitsgas.
Durch moderne Explorationsmethoden wie 3 –D-Seismik können inzwischen bislang unentdeckte Fallenstrukturen entdeckt werden und auch die Wirtschaftlichkeit kleiner Lagerstätten ist mit der Verteuerung der Energiepreise gestiegen. Daher ist ein erneutes Interesse an der Erschließung von Kohlenwasserstofflagerstätten auch in Hessen zu registrieren.
Dabei geht es in erster Linie um eine Prüfung, ob aufgelassene Öl- und Gasfelder, wie z.B. das Feld Stockstadt, wieder erschlossen werden können. Es sollen geologisch bekannte, aber in der Vergangenheit nicht genutzte oder nicht vollständig ausgeförderte Vorkommen in den bisher bekannten Speicherhorizonten mit modernen Arbeitsmethoden und neuen Explorationsmöglichkeiten genauer untersucht und auch neue Mutter- und Speichergesteine erkundet werden. Bei der beabsichtigten Erschließung geht es ausschließlich um konventionelle Lagerstätten in durchlässigen Speichergesteinen, die ohne künstliche Erhöhung der Durchlässigkeit (Fracking) gefördert werden können.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2011 wurde eine umfangreiche 3-D seismische Erkundung in einem mehr als 240 km² großen Gebiet zwischen Wolfskehlen, Riedstadt, Gernsheim, Biblis, Bürstadt und Worms im Nordteil des Erlaubnisfeldes durchgeführt.
In der zweiten Jahreshälfte 2013 wurden die Wiedererschließungsbohrung Stockstadt 2001 und die Aufsuchungsbohrung Allmend 1 der Fa. Rheinpetroleum GmbH bis über 1600 bzw. 2400 m vertikale Tiefe niedergebracht.
Die geologische Ablenkung Schwarzbach 1a aus der Teilfeldsuchbohrung Schwarzbach 1 war 2015 in den Pechelbronner Schichten fündig.
Nachweisdaten und Informationen zum Zugang zu Detaildaten der hessischen Tiefbohrungen erhalten Sie im Rahmen des Verbundes Kohlenwasserstoffgeologie über denNIBIS-Kartenserver des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Energie Niedersachsen (LBEG).
Die KW-Bohrungsdatenbank des LBEG enthält Titel- und Fachdaten von über 30.000 Bohrlöchern. Neben KW-Explorations- und Produktionsbohrungen sind darin auch zu anderen Zwecken niedergebrachte Tiefbohrungen sowie Versenkbohrungen enthalten.
Im NIBIS-Kartenserver wählen Sie als Grundkarte am besten die „OpenStreetMap Welt farbig“ und zoomen mit Mausrad nach vorne das Gebiet von Hessen heran. Durch Klick auf die Bohrung erhalten Sie Informationen.
Folgende Abb: Geologischer W-E-Schnitt durch den Oberrheingraben, aus GK 25, Blatt 6217 Zwingenberg, HLUG 1972. Die Erdöllagerstätte Stockstadt ist im Bereich der Pechelbronner Schichten mit roten Punkten symbolisiert.