Genehmigungsverfahren, Hinweise zur Planung
Genehmigungsverfahren
Bei der Planung von Tiefengeothermieprojekten ist es unerlässlich, schon in der Frühphase ein Konzept zu der geplanten Geothermie-Nutzung, wie z. B. Zielhorizont, Erschließungsart, Stromgewinnung, Wärme-/Kältegewinnung etc., zu den möglichen Abnehmern und zur benötigten Infrastruktur zu erstellen. Ein Überblick über sämtliche notwendigen Verfahrensschritte von der Planung bis zur Inbetriebnahme des Kraftwerks bzw. einer Fernwärmeversorgung ist ein Muss. Insbesondere Nutzungskonflikten und möglichen Risiken bei der Erschließung und Erdwärmegewinnung muss schon in der Anfangsphase große Beachtung geschenkt werden. Nutzungskonflikte können zum Beispiel mit benachbarten Anlagen zur Untergrundspeicherung, der Rohstoff- und Wassergewinnung sowie der Bebauung und Infrastruktur entstehen.
Einen ersten Überblick über zu beachtende Punkte gibt die von den Staatlichen geologischen Diensten Deutschlands gemeinsam entwickelte "Checkliste" für eine geothermische Erschließung, die auf S. 7 der Broschüre "Nutzung tiefer Geothermie in Hessen" abgedruckt ist.
Zur genaueren Orientierung wurde gemeinsam vom Regierungspräsidium Darmstadt und dem HLNUG für Unternehmer ein "Leitfaden Tiefengeothermie - Planung und Durchführung von Projekten, Bergrechtlicher Teil" erarbeitet. Gleichzeitig bietet dieser der Öffentlichkeit die notwendige Transparenz, um die Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit Anlagen der Nutzung der Tiefengeothermie nachvollziehen zu können.
Der Leitfaden besteht entsprechend den bergrechtlichen Vorgaben für die Projektphasen "Antrag Erlaubnis", "Hauptbetriebsplan für die Aufsuchung", "Antrag Bewilligung", "Hauptbetriebsplan für die Gewinnung und Aufbereitung" und "Abschlussbetriebsplan" aus einer Einführung und einer nicht abschließenden Auflistung der erforderlichen Angaben in den jeweiligen vorzulegenden Antragsunterlagen.
Einbeziehung von Nutzungskonflikten und möglichen Risiken in die Planung
Die Planungskarte des HLNUG zur Nutzung des Untergrundes und zu möglichen Risiken dient einer ersten Übersicht in der Frühphase von Projekten.
Aus hydrogeologischer Sicht ist ein Nutzungskonflikt insbesondere mit der Trinkwassergewinnung möglich. Hier muss besonderes Augenmerk auf die Bohrarbeiten und den Ausbau der Bohrungen, aber auch auf die Auswirkungen von Wasserentnahmen für die spätere Anlagenkühlung gelegt werden. Hinsichtlich Thermal- und Mineralwassergewinnung sind die Fließsysteme und Aufstiegswege oftmals sehr komplex und nur unzureichend bekannt. Sie könnten durch die Nutzung tiefer Geothermie schon in der Bohrphase beeinflusst werden, so dass in Heilquellenschutzgebieten besondere Vorsicht angebracht ist.
Auch die chemische Beschaffenheit des geförderten Wassers von Anlagen der tiefen Geothermie muss intensiv betrachtet werden, um Veränderungen im Grundwasserleiter, Ausfällungen und Korrosionen an Anlagenteilen und möglichen toxischen oder radioaktiven Rückständen bereits in der Bauphase angemessen begegnen zu können. In Heilquellen- und Trinkwasserschutzgebieten (wasserwirtschaftlich unzulässig: Zone II, wasserwirtschaftlich ungünstig: Zone III) mit ihrem hohen Flächenanteil in Hessen gelten grundsätzlich erhöhte Anforderungen an die zu erhebenden Datengrundlagen und den Grundwasserschutz bei Bau und Nutzung tiefer Geothermieanlagen. So sind in den wasserwirtschaftlich ungünstigen Gebieten Tiefbohrungen zwar nicht ausgeschlossen, doch bedarf es einer gründlichen Voruntersuchung der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse, um die Bohrungsarbeiten und den späteren Ausbau der Bohrungen so zu gestalten, dass weder Qualität noch Quantität der Wassergewinnungsanlagen beeinträchtigt werden.
Abbaugebiete tief liegender Lagerstätten (z.B. Kalisalzgewinnung) oder oberflächennaher Lagerstätten müssen bei der Planung ebenso berücksichtigt werden wie andere Nutzungen des tiefen Untergrundes, z.B. Untertagespeicher für Erdgas sowie Erdöl- und Erdgasförderung. Eine Beeinträchtigung der Sicherheit dieser Nutzungen durch Anlagen der tiefen Geothermie ist auszuschließen.
Insbesondere bei hydraulischen Stimulationsmaßnahmen zur Erhöhung der Wasserdurchlässigkeit im Zielhorizont (fracing), aber auch bei dem regulären Betrieb einer tiefen Geothermieanlage ist das Risiko induzierter Seismizität zu berücksichtigen. Vor allem Gebiete mit erhöhter natürlicher Seismizität wie der Oberrheingraben bedürfen hier eines speziellen seismischen Überwachungsprogramms, um negative Auswirkungen von Erschütterungen an der Erdoberfläche auszuschließen. Auch dies ist schon in der Planungsphase zu berücksichtigen.
Im Forschungsprojekt SiMoN untersucht die Goethe-Universität Frankfurt im Verbund mit dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) und ihren Projektpartnern, ob es einen Zusammenhang und eine Wechselwirkung zwischen natürlicher und menschlich induzierter Seismizität gibt. Übergeordnetes Ziel des Projekts ist es, die natürliche Seismizität der unmittelbaren und mittelbaren Umgebung des aktuellen Geothermieprojekts des Überlandwerks Groß-Gerau GmbH (ÜWG) in Südhessen bereits vor der Ausführung der ersten Tiefbohrung mit einem hochauflösenden Monitoring-System zu untersuchen und zu charakterisieren.
Das HLNUG stellt im Rahmen konkreter Projekte weitere Daten zur Verfügung und berät die Genehmigungsbehörden fachlich bei Anträgen auf Erlaubnis- und Bewilligungsfelder bis hin zu Betriebsplänen für seismische Untersuchungen und Bohrungen.