Bohrprogramm 2020/2021
Forschungsbohrung Riedstadt-Erfelden
Lage: Blatt 6116 Oppenheim, Riedstadt-Erfelden
Endteufe: 323 m
Bohrzeitraum: Juli 2020 bis September 2021
Im Auftrag des Dezernats Geologische Grundlagen im HLNUG wurde eine Lockergesteins-Kernbohrung im nördlichen Oberrheingraben durchgeführt. Die Endtiefe der Bohrung liegt bei 323 Metern. Mit dem 323 Meter langen Bohrkern können nicht nur Fragen der Feinstratigraphie fluviatiler Abfolgen im Quartär des Oberrheingrabens, sondern auch Fragen zur Neotektonik weitaus besser als bisher geklärt werden.
Aufgrund des neu erschlossenen hochauflösenden Datenmaterials werden auch anwendungsnahe Fragestellungen stimuliert, die auf die Nutzung und Bewirtschaftung des flachen und mitteltiefen Untergrunds im Rheingraben zielen.
Die Bohrung wurde vollständig als Kernbohrung ausgeführt. Die Sedimente wurden deshalb in ein Meter langen Linern gebohrt, die einen Durchmesser von 10 cm aufweisen.
Die Forschungsziele der Tiefbohrung sind wie folgt skizziert:
Mit der vollständig gekernten Forschungsbohrung im hessischen Teil des nördlichen Oberrheingrabens soll im Rahmen der Geologischen Grundlagen eine Vielzahl offener Fragestellungen im Zusammenhang mit fluviatilen, äolischen und limnisch-fluviatilen Archiven des Quartärs, damit insbesondere auch der Kalt- und Warmzeiten im Oberrheingraben, bearbeitet werden. Im Fokus steht daneben die Erforschung der Iffezheim-Formation, die vom Pliozän bis in das Unterpleistozän reicht und aus limnisch-fluviatilen Sedimenten besteht. Ziel war auch die Erkundung der Basis der Iffezheim-Formation mit dem eindeutigen Erreichen der mittelmiozänen Weiterstadt-Formation. Dieses Bohrziel konnte nicht erreicht werden, da die Sedimentabfolge innerhalb der Iffezheim-Formation zum Teil so instabil war, dass die technischen Risiken der Bohrung zu groß wurden. Daher musste die Bohrung bei einer Tiefe von 323 Metern eingestellt und wieder verfüllt werden. Im Ergebnis konnten somit 323 Meter Kernmaterial gewonnen werden.
Besondere Fragestellungen zur Mächtigkeit der quartären Abfolge, als auch zur Verteilung von bindigen und nicht bindigen Sedimenten im nördlichen Oberrheingraben ergaben sich aus der Auswertung des hessischen 3D-Modells des nördlichen Oberrheingrabens.
Demnach leitet sich die Existenz einer mächtigeren Quartärabfolge im Rheingraben von Hessen ab, einer Schlüsselregion des Geosystems Alpen – Oberrheintal – Nordsee. Die Verifizierung des bestehenden 3D-Modells und ein möglichst durchgehender Kerngewinn der quartären und pliozänen Sedimente war ein wichtiges Ziel des Vorhabens. Dieses Ziel wird auf jeden Fall im Rahmen der Forschungsbohrung erreicht.
Nach dem Erreichen der Endtiefe konnten im Bohrloch geophysikalische Messungen durch das HLNUG und das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) durchgeführt werden.
Die Bohrkerne selber werden im Kernlager des HLNUG geologisch aufgenommen und beprobt. Die erste Bearbeitung zeigt, dass 104 Meter mächtige, quartäre Sedimente mit Sanden, Kiesen und Tonen erbohrt wurden, die somit die letzten 2,6 Millionen Jahre der Erdgeschichte repräsentieren. Von 104 Meter bis 323 Meter sind pliozäne Sedimente der Iffezheim-Formation in Form von Tonen und Sanden aufgeschlossen, die ein Alter von 2,6 bis rund 5 Millionen Jahren abdecken.
Von größerem Interesse sind zwei Holzfunde aus Tiefen von 176 und 253 Metern. Hierbei handelt es sich vermutlich um Nadelhölzer. Um diese Funde genauer zu bestimmen, werden die Proben derzeit am Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt näher untersucht.
Eine erste Beprobung des Kernmaterials ist erfolgt, so dass mit Schwermineralanalysen, Korngrößenanalysen, paläontologischen Untersuchungen auf fossile Flora und Fauna begonnen werden konnte. Zur Altersbestimmung wurden von der Universität Gießen Proben für Luminiszenzdatierungen genommen. Weitere Zusammenarbeiten sind mit der TU Darmstadt, dem LIAG und weiteren Fachinstituten von Universitäten geplant.
Weitere Zusammenarbeiten sind erwünscht!