Was ist Radon?
Radon ist ein natürlich vorkommendes, radioaktives Edelgas. Es ist geschmacklos und weist weder eine sichtbare Farbe, noch einen wahrnehmbaren Geruch auf. Im Periodensystem der Elemente belegt Radon in der 18. Gruppe die Ordnungszahl 86. Als Edelgas ist Radon, bedingt durch seine abgeschlossene Elektronenschale, chemisch inert, es reagiert somit nicht oder nur in sehr geringem Maße mit anderen Stoffen bzw. mit den Umweltmedien Luft, Wasser oder Boden.
Das schwerste aller natürlich vorkommenden Edelgase verfügt über insgesamt 36 Isotope, (Atomarten), die von Radon-229 bis Radon-193 reichen. Alle Radonisotope sind radioaktiv, jedoch werden nur 3 von 34 konstant natürlich gebildet. In den natürlichen Zerfallsreihen von Uran238 und Thorium-232 entsteht Radon aus dem Zerfall von Alphastrahlung von Radium-226.
In der Uran-238-Zerfallsreihe entsteht das langlebigste der Radonisotope, Radon-222 mit einer Halbwertszeit von 3,82 Tagen. Radon-222 ist durch seine, im Vergleich zu den anderen Isotopen, lange Halbwertszeit der meistgenutzte Markierungsstoff (Tracer) für geologische aber auch für biochemische Fragestellungen.
In der Thorium-232-Reihe entsteht Radon-220. Dieses Radonisotop wird wegen seines Mutternuklides Thoron genannt und weist eine Halbwertszeit von 55,6 Sekunden auf.
Aus Uran-235 entsteht durch Alphazerfall Radon-219 mit einer Halbwertszeit von 3,96 Sekunden. Auf Grund seiner Bildung in der Uran-Actinium- Zerfallsreihe wird es Actinon genannt (Baskaran 2016).
Geogenes Radongas liefert neben terrestrischer (von der Erdoberfläche) und kosmischer (aus dem Weltall stammend) Strahlung einen Beitrag zur natürlichen Strahlenexposition. In Deutschland beläuft sich die durch Radonexposition (das Ausgesetzt sein gegenüber der Strahlung) verursachte durchschnittliche Dosis auf 1,1 Millisievert pro Jahr (Bundesamt für Strahlenschutz 2016), was mehr als 50% der mittleren natürlichen Strahlung entspricht, der wir auf der Erde ausgesetzt sind.
Radon wird dauerhaft in Gesteinen und Böden, die über einen Anteil an radioaktiven Elementen wie Uran und Thorium verfügen, gebildet. Im Prinzip stellen dabei alle Gesteine und Böden natürliche Radonquellen dar, da diese in unterschiedlichen Konzentrationen Uran und Radium enthalten.
Gute Radonlieferanten sind alte magmatische Gesteine, wie Granite oder Rhyolithe. Bei den Mineralen haben beispielsweise Apatit, Zirkon und Monazit Uran eingelagert (Kemski et al. 2011, Militzer et al. 2017).
Der Weg vom Bildungsort bis in die freie Atmosphäre erfolgt in mehreren Schritten.
Das Austreten von Radon aus dem Kristallgitter von Mineralien der Gesteine in den Porenraum des Bodens wird als Emanation bezeichnet und meint damit die Freisetzung von Gas aus zumeist festen Ausgangsverbindungen.
Die Bewegung von Radongas entlang von Rissen und Kapillaren sowie zwischen den Poren der Böden heißt Migration und erfolgt diffusiv durch den Ausgleich von Konzentrationsunterschieden oder durch advektiven Strömungstransport mit anderen Bodenfluiden.
Da Radon-222 mit ca. 3,8 Tagen die längste Halbwertszeit vorweist, hat es auch die größte Migrationsweite und kann so bis in die obersten Bodenschichten vordringen. Hier entweicht es dann in die bodennahen Luftschichten der Atmosphäre. Dieser Prozess wird als Exhalation bezeichnet.
In der freien Atmosphärenluft verdünnt sich die Radongaskonzentration sehr schnell.
Für Menschen ist das Radongas nicht direkt schädlich, die Exposition geht von den Radonzerfallsprodukten mit kurzer Halbwertszeit wie den radioaktiven Alphastrahlern Wismut (Bi-210, Bi-214) und Polonium (Po-210, Po-214) aus. Diese können sich nach dem Zerfall des Radongases an feste oder flüssige Schwebeteilchen in der Luft anheften und so in den Atemtrakt des Menschen gelangen (Bundesamt für Strahlenschutz, 2016) oder aber der Radonzerfall erfolgt im Atemtrakt und beaufschlagt die Lunge direkt.
Die beim Alphazerfall freiwerdenden Teilchen sind energiereich. Sie können Zellen des Lungengewebes schädigen und infolgedessen Lungenkrebserkrankungen verursachen.
Während sich die Radongaskonzentration im Freien an der Atmosphärenluft schnell durch Verdünnung / Vermischung auf völlig unbedenkliche Werte reduziert, kann sich Radon in geschlossenen Räumen signifikant anreichern. Die Radonkonzentration in Innenräumen hängt von einer Vielzahl von Faktoren wie z.B. Bauart, Baumaterial, Gebäudebeschaffenheit oder Bewohnerverhalten (Gebäudelüftung und Heizverhalten) ab (Urban et al. 1985).
Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass insbesondere Temperaturunterschiede zwischen dem Boden (Baugrund) und erdberührten Teilen von Gebäuden (Keller, Erdgeschoss) einen großen Einfluss auf den Radonzutritt in Gebäude haben, da diese Temperaturunterschiede einen konvektiven Zustrom begünstigen.
Die bisherigen Messwerte von Radon in der Bodenluft in Hessen variieren zwischen < 10 und 156 Kilobecquerel pro Kubikmeter. Dabei wurden die höchsten Radonaktivitätskonzentrationen im Verbreitungsgebiet der magmatischen Gesteine (Granit) des Odenwaldes gemessen, mittlere Werte im Bereich der Gesteine im Verbreitungsgebiet des Rheinischen Schiefergebirges und geringste Werte in Hessen über den vulkanischen Gesteinen des Vogelsberges.
Die Werte spiegeln die geogenen Radonaktivitätskonzentrationen von Hessen wider (Militzer et al. 2017). Im Vergleich mit vielen anderen Bundesländern können diese Werte als gering bis mittel eingestuft werden (Kemski et al. 1998).
Eine Sonderstellung nehmen Bruchzonen der Erdkruste ein. Dazu gehört in Hessen zum Beispiel die östliche Hauptrandverwerfung des Oberrheingrabens. Entlang dieser Bruchzone zeigen Messungen von Radon in Boden- und Raumluft hohe Messwerte von bis zu 300 Kilobecquerel pro Kubikmeter in der Bodenluft und 21 Kilobecquerel pro Kubikmeter in der Raumluft (Hoppe et al. 2015, Kuhn et al. 2015, Lehné et al. 2017).
Zur kontinuierlichen Beobachtung der Radonemanation und –exhalation sowie der damit in Verbindung stehenden geodynamischen Prozesse betreibt das HLNUG zusammen mit der TU Darmstadt direkt an der Hauptrandverwerfung eine geowissenschaftliche Messstation.
Baskaran, M. (2016): Radon: A Tracer for Geological, Geophysical and Geochemical Studies. - Springer International Publishing. 167 pp.
Bundesamt für Strahlenschutz (2016): Radon – ein kaum wahrgenommenes Risiko. - Strahlenschutz Konkret. 8 pp.
Hoppe, A., KOŠŤÁK, B., Kuhn, G., Lehné, R., Simons, U. & Stemberk, J. (2015): Rezente Bewegungen an den Hauptrandverwerfungen im Nördlichen Oberrheingraben. - Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins: 97: 321 – 332, DOI: 10.1127/jmogv/97/0014; Stuttgart
Kemski, J., Siehl, A., Valdivia-Manchego, M. (1998): Das geogene Radon-Potential in Deutschland.- in: Winter, M., Henrichs, K., Doerfel, H. (Hrsg): Radioaktivität in Mensch und Umwelt, FS-98-98-T, 297-403, Verlag TÜV-Rheinland, Köln.
Kemski, Dr. J. et al. (2011): Sachstandsbericht „Radonmessungen in der Bodenluft –Einflussfaktoren, Messverfahren, Bewertung", Band 2, Bundesamt für Strahlenschutz, Salzgitter
Kuhn, G., Lehné, R. & Hoppe, A. (2015): Radon measurement along faults in the Upper Rhine Graben with standardized methods – in: BJ. Merkel and A. Arah [Eds.] (2015) Uranium -Past and Future Challenges - Proceedings of the 7th International Conference on Uranium Mining and Hydrogeology, pp 821 – 828, DOI 10.1007/978-3-319-11059-2_95
Lehné, R., Militzer, A., Heggemann, H. & Reischmann, T. (2017): Radon anomalies in the northern Upper Rhine Graben (Germany) as a result of recent geodynamic processes. – In: Tollefsen, T., Cinelli, G. & De Cort, M., (eds): 2nd International Workshop on the European Atlas of Natural Radiation: Book of Abstracts, 34, EUR 28820 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2017, ISBN 978-92-79-74131-9, doi:10.2760/72011, JRC108701.
Militzer, A., Lehné, R., Reischmann, T., Nesbor, H.-D. (2017): Natural Th, U, and K concentrations in bedrocks of major geological units in Hesse (Germany). – In: Tollefsen, T., Cinelli, G. & De Cort, M., (eds): 2nd International Workshop on the European Atlas of Natural Radiation: Book of Abstracts, 38, EUR 28820 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2017, ISBN 978-92-79-74131-9, doi:10.2760/72011, JRC108701
Urban, M., A. Wicke, A. & Kiefer, H. (1985): Bestimmung der Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Radon und dessen kurzlebige Zerfallsprodukte in Wohnhäusern und im Freien, KfK-Bericht 3805, Karlsruhe.