Hessische Messkampagne der Radonkonzentration in der Bodenluft
Geowissenschaftliche Begleitung der Landesradonstrategie
Um für die Festlegung der Radonvorsorgegebiete für Hessen eine ausreichend belastbare Datengrundlage zu schaffen, hat sich das Land im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) entschieden, über bereits existierende Messwerte hinaus zusätzliche Radonbodenluftmessungen durchzuführen. Dieses Vorgehen begründet sich auch daraus, dass mit den bis 2018 verfügbaren Daten zur Radonaktivitätskonzentration in der Bodenluft in Hessen eine rechtssichere Festlegung der Radonvorsorgegebiete nicht zweifelsfrei gewährleisten lässt.
Die Erhebung neuer Daten obliegt den Bundesländern und wird in Hessen vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat (HMLU) verantwortet. Diese Messkampagne der Radonaktivitätskonzentration in der Bodenluft ist damit Teil einer umfassenden, für Hessen angepassten Strategie zum Umgang mit den langfristigen Risiken der Exposition durch Radon (Hessische Landesradonstrategie), die der § 122 Abs. 4 StrlSchG fordert.
Ziel ist es, die Radonbodenluftmessungen sowohl im Hinblick auf die Auswahl der Lage der Messpunkte wie auch die Anzahl der Messpunkte möglichst effizient durchzuführen. Gleichzeitig sollten die unterschiedlichen Gesteine in Hessen als wesentliche Quelle für die Entstehung von Radon adäquat berücksichtigt werden. In der Konsequenz wurde das HLNUG mit der Aufgabe betraut, insgesamt 750 Messpunkte zur Bestimmung der Radonkonzentration in der Bodenluft nach statistischen und geowissenschaftlichen Kriterien festzulegen.
Bei der Auswahl der Lage der Messpunkte wird vorausgesetzt, dass es „geologische Großräume“ gibt, in denen die zu erwartende Radonaktivitätskonzentration bei Bodenluftmessungen in einem vergleichbaren Bereich liegt, die Schwankungsbreite der gemessenen Radonkonzentrationen also gering ist. Für Hessen wurden durch das HLNUG neun solcher Großräume definiert (Jahresbericht 2019 Geowissenschaftliche Begleitung der Radonstrategie Hessen zur Ausweisung von Radonvorsorgegebieten, Karte der Messpunkte).
Die Messpunkte werden in diesem Verfahren dann so ausgewählt, dass sie einer statistisch reproduzierbaren Verteilung auf die definierten geologischen Großräume sowie die Flächenverteilung dieser in den Landkreisen entsprechen. Die Anzahl der Messungen innerhalb eines Landkreises richtet sich nach den Flächenanteilen der definierten geologischen Großräume im Landkreis. Die Tabelle zeigt die Übersicht der Verteilung der Messungen in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der geologischen Verhältnisse.
Neben den reinen Bodenluftmessungen gehen die gemeinsamen Bemühungen von HMLU, HLNUG und THM Gießen zur Optimierung der Messkampagne der Radonaktivitätskonzentration in Hessen (Bestimmung der Hessischen Radonsituation) weiter. Es wird versucht im Rahmen der geowissenschaftlichen Landesaufnahme eine Vertiefung des Kenntnisstandes insbesondere im Bereich der Themen Radonmigration entlang tektonischer Störungen, Witterungseinflüsse und bodenphysikalische Einflussfaktoren auf Radonmigration zu erhalten.
So werden für die Dokumentation des jeweiligen Bodenprofiles an den Messlokationen Bohrkerne mit einem Durchmesser von 40 mm entnommen und im HLNUG in der Abteilung G bodenkundlich aufgenommen und in eine Datenbank überführt.
Zusätzlich hat die Abteilung Immissionsschutz im HLNUG in Fürth im Odenwald eine Station zur Dauerbeobachtung von Radon in der Bodenluft eingerichtet, die zugleich die Bodenfeuchte kontinuierlich erfasst und an eine vom HLNUG betriebene Wetterstation gekoppelt ist.
Neben dem Betrieb der Station zur Radondauerbeobachtung betreibt das HLNUG zusammen mit der TU Darmstadt und dem Kongresszentrum darmstadtium auch eine geowissenschaftliche Messstation in Darmstadt, wo im Bereich des Kongresszentrums darmstadtium die östliche Hauptrandverwerfung des Oberrheingrabens zugänglich ist. Mit Hilfe verschiedener Instrumente werden dort geringste Bewegungen an der Störung erfasst. Um den Einfluss von aktiven Störungen auf die Radonkonzentration in der Boden- und Raumluft untersuchen zu können, wurde zusätzlich ein Radonmonitor installiert.
Weiterhin initiiert und begleitet die Abteilung Geologie und Boden des HLNUG in Kooperation mit der Technischen Universität Darmstadt (TUD) auch studentische Abschlussarbeiten (MSc und BSc) zu den verschiedenen geowissenschaftlichen Fragestellungen, die sich in Verbindung mit der Radonthematik ergeben. In 2018/19 wurden sechs Projektarbeiten gestartet, aus denen sich wertvolle neue Erkenntnisse zum Thema geogenes Radon in Hessen ergeben, u.a. Daten zu mehreren 100 zusätzlichen Radonbodenluftmessungen, Zusammenhänge zwischen der gemessenen Radonaktivitätskonzentration und der Lage von Bruchzonen in der Erdkruste, zum Einfluss von Witterungsverhältnissen auf die Messergebnisse sowie zur Variabilität von Radonaktivitätskonzentrationen bei Wiederholungsmessungen. Auch die Fragestellung bezüglich der Radon- und Urankonzentration im Grundwasser im Kontext mit der umgebenden Geologie wird erforscht.
Für die Stadt Darmstadt ist eine Radonstadtkarte im Entstehen. Diese wird im 3D-Informationssystem zum oberflächennahen Untergrund im Stadtgebiet von Darmstadt (Lehné et al. 2016) mit vielen anderen Daten eingebunden.
Hier finden Sie eine Übersicht aller bisher durchgeführten studentischen Abschlussarbeiten zum Thema.
Reinheimer, Hanna (2011): Radonmessungen in der Bodenluft zur Detektion und Beschreibung neotektonischer Prozesse – Die Methode und ihre praktische Anwendung. – Bachelorarbeit TU Darmstadt
Kuhn, Georg (2013): Messung von Radonkonzentrationen in Boden- und Raumluft im Stadtgebiet Darmstadt zur Beurteilung von Radonmigration im geodynamischen Kontext. – Bachelorarbeit TU Darmstadt
Wewior, Stefan (2013): Messung von Radonkonzentrationen in der Bodenluft zur Beurteilung der Aktivität von tektonischen Störungen im Raum Darmstadt. – Bachelorarbeit TU Darmstadt
Kuhn, Georg (2015): Radonmessungen in der Bodenluft bei Trebur einschließlich der Entwicklung eines standardisierten Messverfahrens zur Lokalisation von Verwerfungen. Masterarbeit TU Darmstadt
Gärtner, David (2014): Radonkartierung der Kinzig- und Salztalstörung im Raum Bad Soden-Salmünster. - Bachelorarbeit TU-Darmstadt
Heil, Oliver (2017): Schwermineralführung und Radonemanation von Lockergesteinen in Darmstadt und Umgebung. – Bachelorarbeit TU Darmstadt
Fischer, Lena (2018): Ermittlung von Radionuklidkonzentrationen in Grundwassermessstellen in Darmstadt. – Bachelorarbeit TU Darmstadt
Möll, Carl (2019): Bestimmung der Radonkonzentration in Boden- und Innenraumluftmessungen zur Kartierung von Störungen im Stadtgebiet von Bad Nauheim. – Masterarbeit TU Darmstadt
Sauerwein, Timo (2019): Radonkonzentrationen im Buntsandstein von Nordhessen (Schwalm-Eder-Kreis) – Bodenluftmessungen und 3D-Modellierung der Untergrundstruktur. – Masterarbeit TU Darmstadt
Gips, David (2019): Überprüfung der Variabilität von Radonkonzentrationen in der Bodenluft anhand von Wiederholungsmessungen im Hochtaunuskreis (Hessen). – Masterarbeit TU Darmstadt
Kupfer, Hanna (2019): Bestimmung der Uran-, Nitrat- und Radonkonzentrationen im Grundwasser des Hessischen Rieds und deren Zusammenhang. – Masterarbeit TU Darmstadt
Daum, Jessica (2020): Vergleich des zur Ausweisung von Radonvorsorgegebieten ermittelten Radonpotentials für Deutschland mit den regionalgeologischen Gegebenheiten in Hessen. – Masterarbeit TU Darmstadt, laufend
Dilewski, Jan (2020): Untersuchung des Zusammenhangs von Radon in der Bodenluft im Bereich von Störungen und der Innenraumkonzentration von Radon am Bespiel des Sprudelhofs Bad Nauheim. – Masterarbeit TU Darmstadt, laufend
Gühne, Sven (2020): Messung von Radonbodenluftkonzentrationen über tektonische Strukturen hinweg im Bereich der aktuellen HLNUG-Forschungsbohrung. – Masterarbeit TU Darmstadt, laufend
Für Fragen zu einzelnen Themen stehen wir gerne zur Verfügung.