Geologische Entwicklung in Hessen
Oberrheingraben
Der bis zu 20 km breite nördliche Oberrheingraben ist Teil eines großen Nord-Süd gerichteten Senkungsgebietes, dem Rhein-Rift-System, zu dem u. a. auch das Mainzer Becken, die Wetterau und die Niederhessische Senke gehören. Diese Schwächezone der Erdkruste ist Teil des „Europäischen Rift-Systems“ und reicht vom Mittelmeer (Südfrankreich) über weite Teile Mitteleuropas bis an die Nordsee (Niederlande). Sie ist die Ursache für die schwachen Erdbeben im Bereich des Oberrheingrabens. Während der Tertiär-Zeit bestand zeitweilig in diesem Senkungsbereich eine schmale Meeresverbindung zwischen einem nord- und einem südeuropäischen Meer.
Der hessische Anteil des Oberrheingrabens wird als Hessisches Ried bezeichnet und von Rhein, Main, Neckar und Kristallinem Odenwald begrenzt. Die Absenkung des Grabens findet seit ca. 45 Mio. Jahren ab der frühen Tertiär-Zeit (65 - 2,6 Mio. Jahre) bis in die Gegenwart hinein statt. Die heutigen Senkungsbeträge liegen z.B. bei Darmstadt um 0,2-0,4 mm pro Jahr. Insgesamt haben die Abwärtsbewegungen an der Grabenrandverwerfung einen Versatzbetrag von bis zu 4000 Meter erreicht. In Erdölbohrungen im Tal des Oberrheins wurden an wenigen Stellen kristalline Gesteine in einer Tiefe von etwa 2240 Metern erbohrt. Die gleichen Gesteinseinheiten bilden die Grabenschultern dieses Senkungsraumes im Kristallinen Odenwald. Seit Beginn des Grabeneinbruchs füllte sich die entstandene Senke im Laufe der Tertiär-Zeit mit bis zu 3000 m Sedimenten.
Während der letzten 2,6 Mio. Jahre der Quartär-Zeit, die überwiegend von Kaltzeiten geprägt waren, schütteten die alten Flussläufe von Rhein, Main und Neckar das Oberrheintal mit mehr als 300 m mächtigen Ton-, Sand- und Kiesschichten auf. Diese Sedimente enthalten eines der größten Grundwasservorkommen Hessens. Das Grundwasser ist in den Porenräumen der Kies- und Sandlagen gespeichert (Porengrundwasser) und wird durch zwischengeschaltete wenig wasserwegsame Tonlagen in mehrere Stockwerke gegliedert. Vor allem für den dicht besiedelten Ballungsraum Rhein-Main wird dieses Grundwasser intensiv genutzt. Da Sande und Kiese aber gleichzeitig begehrte Rohstoffe für die Bauwirtschaft sind, stehen Grundwassernutzung und Sand- / Kiesgewinnung im Hessischen Teil des Oberrheingrabens in (oft) konfliktträchtiger Konkurrenz zueinander.
Kristalliner Odenwald
Der Kristalline Odenwald wird im Norden begrenzt vom Sprendlinger Horst mit Gesteinen aus der Unterperm-Zeit (Rotliegend) und der Reinheimer Bucht, mit quartärzeitlichen Gesteinen in südlicher Fortsetzung der Untermainebene, im Osten vom Buntsandstein- Odenwald und im Westen jenseits der Grabenrandverwerfung vom Oberrheingraben.
Der Kristalline Odenwald wird in Bergsträßer und Böllsteiner Odenwald gegliedert, die durch eine Zone metamorpher Gesteine (Gneiszwischenzone) getrennt sind. Der größere, westlich gelegene Bergsträßer Odenwald besteht hauptsächlich aus magmatischen Gesteinen (Granite, Diorite, Gabbros), die durch schmale Zonen aus metamorphen Schiefern und Gneisen unterteilt sind. Der Böllsteiner Odenwald besteht aus einer Nord-Süd gestreckten Gneiskuppel, die von metamorphen Schiefern umgeben ist.
Die metamorphen Schiefer sind durch Druck und Temperatur veränderte ursprüngliche Sedimentgesteine. Die Gneise dagegen sind aus magmatischen (vorwiegend granitischen) Gesteinen hervorgegangen, die vor etwa 410 Mio. Jahren (Silur-Zeit) als Gesteinsschmelzen von unten in die sedimentären Gesteine eingedrungen sind.
Nach der Auskristallisation der Granite wurden diese mit den Sedimengesteinen in tiefere Bereiche der Erdkruste versenkt und dort hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt. Bei diesen Vorgängen traten Temperaturen bis zu 670 °C und Drücke von 4-6 kb auf. Bedingungen, die einer Versenkung in die Erdkruste von 12-18 km Tiefe entsprechen. In dieser Tiefe kam es zu einer Umkristallisation (Metamorphose) der Ursprungsgesteine, wobei metamorphe Schiefer und Gneise entstanden sind.
Während der variszischen Gebirgsbildung vor etwa 330-300 Mio. Jahren (Karbon-Zeit) wurden die Gesteine nochmals tief in die Erdkruste versenkt und dabei erneut metamorph überprägt. In dieser Zeit bildeten sich im Bergsträßer Odenwald verbreitet Gesteinsschmelzen, die in der Erdkruste als Granite und Diorite allmählich auskristallisierten. Gemeinsam mit den älteren Gabbros, die aus noch größeren Tiefen des äußeren Erdmantels stammen, stecken die Granite und Diorite heute als mächtige Eindringkörper zwischen den metamorphen Schiefern. Im Zusammenhang mit dem Magmatismus im Odenwald rissen im Gestein Spalten auf, in die Gesteinsschmelzen eingedrangen und dort zu unterschiedlichen Ganggesteinen auskristallisierten. Diese zeichnen sich durch eine große Mineral- und Gesteinsvielfalt aus.
Buntsandstein-Odenwald
Östlich des Kristallinen Odenwaldes schließt sich der sogenannte Buntsandstein-Odenwald an. Er wird im Norden von der Reinheimer Bucht und der Untermainebene begrenzt und reicht im Osten und Süden über die Grenzen von Hessen hinaus. In diesem Mittelgebirge sind vorwiegend gelblich-rote Sandsteine und Tonsteine der Untertrias-Zeit (Buntsandstein) verbreitet. Vielfach wechseln harte, gegen die Verwitterung widerstandsfähige Sandsteine mit weichen Ton- / Schluffsteinen ab.
Kristalliner Spessart
Zwischen Main und Kinzig liegt der Kristalline Spessart oder auch Vorspessart, von dem nur der nördlichste Teil in Hessen liegt. Im Osten und Süden wird der Kristallinteil des Spessarts von Sedimenten des Zechsteins und Buntsandsteins überlagert. Im Norden und Nordwesten grenzen rote Ton- und Sandsteine sowie vulkanische Gesteine der Unterperm-Zeit (Rotliegend) an den Spessart, im Westen entlang der Spessart-Randverwerfung schließt die Hanau- Seligenstädter Senke, ein Teil der Untermainebene an. Die Sprunghöhe (Absenktiefe) dieser tiefreichenden Bruchzone schwankt zwischen 200-250 m bei Aschaffenburg und etwa 500 m bei Alzenau.
Das Spessartkristallin besteht aus metamorphen, d.h. unter hohen Temperaturen und Drücken tief in der Erdkruste umkristallierten Gesteinen. Es sind Gneise und Glimmerschiefer, in die Quarzite sowie Marmore und Amphibolite eingeschaltet sind.
Der Kristalline Spessart gehört zu einer Reihe von isolierten Kristallingebieten, die von der Haardt über Kristallinen Odenwald, Ruhlaer Kristallin und Kyffhäuser bis nach Osteuropa verlaufen. Die Aufbrüche sind Teil der sogenannten Mitteldeutschen Kristallinschwelle, die vor etwa 360-290 Mio. Jahren in der Karbon-Zeit ein zusammenhängendes Hochgebiet gewesen ist.
Rheinisches Schiefergebirge
Der hessische Anteil des Rheinischen Schiefergebirges kann grob in drei Einheiten untergliedert werden: Taunus, Lahn-Dill-Gebiet und Nordöstliches Rheinisches Schiefergebirge. Am Ostrand des Rheinischen Schiefergebirges tauchen die das Gebirge aufbauenden Gesteinsfolgen unter die jüngeren Ablagerungen des Hessischen Berglandes und der Niederhessischen Tertiärsenke ab und kommen im Werra-Grauwackengebirge und im Harz wieder zutage. Die zu Gesteinen verfestigten Sedimente des Rheinischen Schiefergebirges sind im Erdaltertum zwischen 408 und 290 Mio. Jahren vor heute, in der Devon- und Karbon-Zeit entstanden. Damals war das heutige Rheinische Schiefergebirge Teil eines wenige hundert Meter tiefen Meeresbeckens. In das von Flüssen der umgebenden Landmassen Sand, Schluff und Ton eingetragen wurden, die sich am Meeresboden in Schichten ablagerten. Vulkanische Gesteine zwischen diesen Sedimentschichten, belegen einen aktiven Vulkanismus im damaligen Meeresbecken. Das Hauptverbreitungsgebiet der vulkanischen Aktivitäten lag im Bereich des heutigen Lahn-Dill-Gebietes.
Bewegungen der Erdkruste führten dann vor allem in der Zeit des Oberkarbons (zwischen 322 und 290 Mio. Jahren) zur Kollision zweier Kontinentalplatten, eines Südkontinents (Gondwana) und eines Nordkontinents (Laurasia). Die Kollisionsnaht, also die Grenze zwischen den Kontinenten, lag im Gebiet des südlichen Taunus. Durch die Kollision wurde das Meeresbecken und seine Gesteinsschichten zunehmend eingeengt. Die darin horizontal abgelagerten und zu Gesteinen verfestigten Sedimente und vulkanischen Gesteine wurden von den einengenden Kräften zusammengeschoben, gefaltet, z.T. zerrissen und im Zuge der Faltung und Einengung über die Meeresoberfläche hinausgehoben. Das ¨variszische¨ Gebirge war entstanden. Durch die Prozesse der Verwitterung und Erosion wurde das Gebirge im Erdmittelalter wieder weitgehend abgetragen und teilweise von jüngeren Gesteinsschichten überlagert.
Heute sind nur noch Reste des einstigen in Europa weit verbreiteten variszischen Gebirges an der Erdoberfläche vorhanden. Dazu gehören u. a. neben dem Rheinischen Schiefergebirge das Werra-Grauwackengebirge in Nordost-Hessen aber auch Kristalliner Odenwald und Kristalliner Spessart.
Taunus
Der Taunus liegt zwischen dem Oberrheingraben im Süden und dem Lahn-Dill-Gebiet im Norden und bildet den Südteil des Rheinischen Schiefergebirges. Er gliedert sich in den Vordertaunus, den Hochtaunus und den Hintertaunus. Die ältesten an der Erdoberfläche anstehenden Gesteine Hessens haben sich im unteren Erdaltertum (Ordovizium) gebildet und gehören zu der sogenannten Vordertaunuseinheit.
Lahn-Dill Gebiet
Das Lahn-Dill-Gebiet liegt im Ostteil des Rheinischen Schiefergebirges zwischen Taunus im Süden und Nordöstlichem Rheinischen Schiefergebirge im Norden. Es setzt sich aus drei größeren tektonischen Einheiten zusammen: Lahn-Mulde im Südosten, Dill-Mulde im Nordwesten und die sogenannte Hörre-Zone dazwischen. Diese drei Strukturen werden von marinen Sedimentgesteinen der Devon-Zeit (408 bis 362 Mio. Jahre) und der Unterkarbon-Zeit (362 bis 322 Mio. Jahre) aufgebaut. In der Lahn- und Dill-Mulde wurden zur gleichen Zeit den Sedimentgesteinen großflächig vulkanische Gesteine zwischengeschaltet.
Das Gebiet bildete damals den Boden eines tropischen Flachmeeres, das den Südrand eines Kontinents überflutete. Der Abtragungsschutt des im damaligen Norden gelegenen Kontinents (Old- Red-Kontinent) wurde von Flüssen in das Flachmeer transportiert und als Sand und Ton, die heute zu Gesteinen verfestigt sind, abgelagert. Durch Dehnungsvorgänge in der Erdkruste bildeten sich auf dem Meeresgrund mehrere beckenförmige Eintiefungen, u. a. das Lahn- und das Dill-Becken. Im Gefolge der Dehnungsvorgänge entstanden tiefe, bis in den Erdmantel reichende Risse, auf denen basaltische Gesteinsschmelzen z. T. unmittelbar bis zum Meeresboden aufstiegen und dort zahlreiche untermeerische Vulkane aufbauten. Die Vulkane reichten während der Devon-Zeit vielfach über die Meeresoberfläche hinaus. Diese Inseln waren im damaligen tropischen Klima von Korallenriffen umgeben, die bis heute als versteinerte Riffkörper erhalten sind.
Durch die untermeerische Verwitterung der vulkanischen Gesteine entstanden besonders in der Devon-Zeit Roteisenerzlager. Diese Lagerstätten wurden früher in einer Vielzahl von Eisenerzgruben abgebaut. Am Ende des Sedimentationsgeschehens im Lahn-Dill-Gebiet wurden in der Unterkarbon-Zeit Grauwacken abgelagert, die den Beginn der sogenannten variszischen Gebirgsbildung in der Oberkarbon-Zeit (vor 322 bis 290 Mio. Jahren) anzeigen. Dabei wurden die ursprünglich flach abgelagerten Gesteinseinheiten gefaltet, zerbrochen und geschiefert. Unter anderem bildeten sich aus den Tonsteinen die heutigen Tonschiefer. Teile dieser Schiefer wurden noch bis vor wenigen Jahren als Dachschiefer in mehreren Gruben abgebaut.
Die darauf folgende Heraushebung des Gebirges über den Meeresspiegel führte zu seiner Abtragung und Einebnung. Während des späten Erdmittelalters und der frühen Erdneuzeit unterlag die Landoberfläche in diesem Raum einer tiefgreifenden Verwitterung unter tropisch feuchtem Klima. In der Tertiär-Zeit wurde aufgrund tektonischer Hebungsbewegungen die Verwitterungsrinde fast vollständig abgetragen.
Die geologische Überlieferung setzt danach erst wieder mit Lockersedimenten der Quartär-Zeit ein, die über der entstandenen Verebnungsfläche abgelagert wurden. Während dieses Zeitraumes entwickelte sich infolge der andauernden Hebung des Rheinischen Schildes das heutige Flussnetz durch Einschneiden in die alten Verebnungsflächen.
Nordöstliches Rheinisches Schiefergebirge
Nördlich des Lahn-Dill-Gebietes erstreckt sich das nordöstliche Rheinische Schiefergebirge. Es grenzt entlang von großen Nord-Süd ausgerichteten Bruchzonen der Erdkruste, die z.T. einen Versatzbetrag von ca. 200 m aufweisen, gegen die Gesteine der Waldecker- und Frankenberger Scholle. An der Erdoberfläche finden sich vorwiegend geschichtete Sedimentgesteine und untergeordnet vulkanische Gesteine der Devon- (408 bis 362 Mio. Jahre) und der Unterkarbon-Zeit (362 bis 322 Mio. Jahre). Die verschiedenen Gesteine mit den in ihnen konservierten fossilen Lebensgemeinschaften geben einen guten Einblick in die erdgeschichtliche Vergangenheit dieses Raumes.
Während der Devon-Zeit gehörte das Gebiet zu einem tropischen Flachmeer am Südrand einer großen Landmasse (¨Old-Red-Kontinent¨). Der Meeresboden war zu dieser Zeit z.T. sehr stark gegliedert. Neben untermeerischen Vulkanen, Korallenriffen und in den Schwellenregionen gab es tiefere Beckenbereiche. An den Rändern der vulkanischen Schwellen bildeten sich eisenhaltige Ablagerungen. Die daraus entstandenen Eisenerzlagerstätten wurden seit dem Mittelalter abgebaut. Während der Devon-Zeit wurden in das Flachmeer große Mengen Sand und Ton vom nördlich gelegenen Old-Red-Kontinent eingetragen. In der Karbon-Zeit erfolgte der Sedimenteintrag von einem Hochgebiet im Süden. Dieses Hochgebiet wird auch als Mitteldeutsche Kristallinschwelle bezeichnet, deren Reste in Hessen im Kristallinen Odenwald und Kristallinen Spessart aufgeschlossen sind. Die zu Gesteinen verfestigten, in Schichten am Meeresboden abgelagerten Sedimente und vulkanischen Gesteine wurden während der im Oberkarbon einsetzenden variszischen Gebirgsbildung gefaltet, geschiefert und über die damalige Meeresoberfläche herausgehoben. An der neu geschaffenen Landoberfläche entstanden in einem feucht-tropischen Klima ausgedehnte Wälder und Moorgebiete, die am Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges zur Bildung der Kohlelagerstätten des Ruhrgebietes führten.
Im Kern des Gebirges setzte eine tiefgreifende tropische Verwitterung ein. Große Teile des damals jungen Gebirges wurden abgetragen und eingeebnet. Besonders im Gebiet des heutigen Hessischen Berglandes wurde der Gebirgsrumpf schnell von jüngeren Gesteinsschichten des Erdmittelalters überlagert, so dass nur noch wenige ¨Inseln¨ des variszischen Gebirges zwischen den jüngeren Sedimenten erhalten blieben.
Erst in der Erdneuzeit wurden die Umrisse des heutigen nordöstlichen Rheinischen Schiefergebirges infolge tektonischer Hebungsbewegungen geformt.
Kellerwald
Im nördlichen Kellerwald sind Gesteine verbreitet, die zum nordöstlichen Rheinischen Schiefergebirge und zur Dill-Mulde gehören. Der südliche Kellerwald ist dagegen die nordöstliche Fortsetzung der Lahn-Mulde.
Im Bereich des Kellerwaldes sind Gesteine des Erdaltertums (Silur-, Devon- und Karbon-Zeit) intensiv miteinander verfaltet und verschuppt. Daraus ergibt sich der kompliziert aufgebaute geologische Komplex des Kellerwaldes. Die herausgehobene Horststruktur des Kellerwaldes ist allseitig von Bruchzonen begrenzt, die bei Bad Wildungen den Austritt von Mineral- und Heilwässern ermöglichen.
Wetterau
Die Wetterau ist ein Senkungsgebiet zwischen Taunus im Westen, Vogelsberg im Osten und Untermainebene im Süden. Wie die Niederhessische Senke und der Vogelsberg liegt auch die Wetterau in der nordöstlichen Verlängerung des Oberrheingrabens und gehört damit zu der Schwächezone, die in der Tertiär-Zeit eingesunken ist. Hier konnten sich mächtige Sedimentschichten des Tertiärs ansammeln. Auch aus der Quartiär-Zeit blieben wegen der abgesenkten Position mächtige Sedimentschichten erhalten. Sie bestehen vorwiegend aus Löss, einem feinen Staub, der während der Kaltzeiten durch Windtransport herangeweht worden war und damals in mächtigen Schichten große Teile von Hessen bedeckt hatte. Auf Löss entwickelten sich sehr ertragreiche Böden. Deshalb ist die Wetterau eine der fruchtbarsten Landschaften Deutschlands, die weitflächig intensiv landwirtschaftlich genutzt wird.
Vogelsberg
Der Vogelsberg bildet eine flache, durch Verebnungsflächen untergliederte Erhebung aus vulkanischen Gesteinen. Er ist durch ein Talnetz gekennzeichnet, das sich vom Hohen Vogelsberg in alle Richtungen radialstrahlig bis in die Randregionen erstreckt. Seine höchste Erhebung ist der Taufstein (774 m über dem Meeresspiegel). Die vulkanischen Gesteine bilden mit einer Fläche von ca. 2200 km² das größte geschlossene Vulkangebiet Mitteleuropas. Der Vogelsberg ist Teil einer Kette von Vulkanzentren, die sich von der Eifel über Westerwald, Vogelsberg und Rhön bis nach Schlesien erstreckt. Diese Vulkangebiete waren während verschiedener Abschnitte der Erdneuzeit aktiv.
Die starken vulkanischen Aktivitäten in Mitteleuropa stehen in engem Zusammenhang mit der Gebirgsbildung der Alpen. Durch die Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinentalplatte in der Erdneuzeit wurde auch das den heutigen Alpen vorgelagerte Gebiet Mitteleuropas von kräftigen Bewegungen in der Erdkruste geprägt. An den z. T. tiefreichenden Bruchlinien stiegen basaltische Schmelzen bis an die Erdoberfläche auf. Die Schmelzen stammen fast ausschließlich aus einer Tiefe von über 50 km, also aus dem Oberen Erdmantel. In der Tertiär-Zeit setzte vor ca. 19 Mio. Jahren die Förderung von basaltischen Schmelzen im Vogelsberg ein. Nach einem Maximum der Vulkantätigkeit zwischen 17 und 15 Mio. Jahren fanden vor ca. 10 Mio. Jahren letzte Eruptionen statt. Der Vogelsberg ist ein komplexes Vulkangebiet, in dem Zeiten vulkanischer Aktivitäten mit Ruhephasen wechselten.
In den Zeiten vulkanischer Aktivität sind basaltische Gesteinsschmelzen an die Erdoberfläche aufgestiegen und als Lavaströme von den Eruptionszentren in die tiefer gelegenen Bereiche geflossen. Daneben wurde bei explosiven Ausbrüchen vulkanisches Lockermaterial (Asche, Lapilli etc.) ausgeworfen und abgelagert. Einige vulkanische Gesteine enthalten häufig größere Gesteinsbruchstücke aus dem Erdmantel, die beim schnellen Aufstieg der Gesteinsschmelze aus der Tiefe mitgebracht wurden. Andere vulkanische Gesteine des Vogelsberges zeigen, dass sie erst nach längeren Zwischenaufenthalten (von einigen 10 000 Jahren in Magmenkammern innerhalb der Erdkruste) an die Erdoberfläche gelangt sind.
Die Gesamtfördermenge an vulkanischen Produkten im Vogelsberg ist unbekannt. Trotz erheblicher Abtragung seit dem Ende der vulkanischen Tätigkeit ist im zentral gelegenen Hohen Vogelsberg jedoch noch eine vermutlich mehr als 800 m mächtige vulkanische Abfolge erhalten geblieben. Eine 1996 ca. 2,5 km südöstlich von Ulrichstein niedergebrachte Forschungsbohrung erreichte eine Tiefe von 656 m unter Gelände. Die Basis der vulkanischen Abfolge wurde in dieser Bohrung noch nicht erreicht.
Während der Ruhephasen wurden Teile der vulkanischen Ablagerungen abgetragen und umgelagert. Durch Verwitterungsprozesse kam es zur Bodenbildung (u.a. Laterit, Bauxit), die auf ein feucht-warmes Klima hinweist. Zwischen den vulkanischen Gesteinseinheiten eingeschaltete Seesedimente mit Braunkohlebildungen belegen das zeitweilige Vorhandensein von größeren und kleineren Seen.
Rhön
Die Mittelgebirgslandschaft der Rhön untergliedert sich mit ihren langgestreckten Höhenzügen, flachwelligen Hochflächen, kuppenförmigen Einzelbergen und tief eingeschnittenen Tälern in die drei Landschaftstypen Rhönvorland, Kuppenrhön und Hohe Rhön. Die unterschiedlichen Landschaftsformen ergeben sich aus dem differenzierten geologischen Aufbau der Rhön. Hessen hat Anteil an allen drei Naturräumen.
Das Rhönvorland mit seinen langgestreckten und sanft gewölbten Bergrücken, die nur selten mehr als 500 m Höhe erreichen, wird im wesentlichen aus Gesteinen der Untertrias-Zeit (Buntsandstein aus vorwiegend roten Sand-, Schluff- und Tonsteinen) aufgebaut. Jüngere Triasgesteine, meist solche des Muschelkalks, seltener auch des Keupers, sind nur in geologischen Mulden oder Gräben (tektonischen Tieflagen) erhalten geblieben. Vulkanische Gesteine der wesentlich jüngeren Tertiär-Zeit kommen im Rhönvorland nur ganz vereinzelt vor.
Die Kuppenrhön ist äußerst vielgestaltig. Weithin sichtbar erheben sich zahlreiche, aus tertiärzeitlichen vulkanischen Gesteinen aufgebaute Einzelkuppen mit Höhen von 650 bis 839 m (Milseburg) über das hügelige Bergland der Gesteine aus der Trias-Zeit. Die heute in den Kuppen an der Erdoberfläche anstehenden vielfältigen vulkanischen Gesteine sind meist als ehemals in den Trias-Gesteinen steckende Vulkanunterbauten (Förderschlote, Gänge) oder domartige Intrusionskörper zu deuten. Diese Intrusionskörper sind dadurch entstanden, dass magmatische Schmelzen in andere verfestigte Gesteinsverbände (hier die Gesteinsschichten der Trias-Zeit) eingedrungen sind und dort erstarrten. Erst durch eine tiefreichende Abtragung der umgebenden Triasgesteine sind diese wiederstandsfähigen Vulkanunterbauten heute an der Erdoberfläche freigelegt.
Die Hohe Rhön wird fast ausschließlich aus vulkanischen Gesteinen der Tertiär-Zeit aufgebaut. Der breite, massige Bergzug, mit flachwelligem Hochplateau, erhebt sich als auffälliger Steilanstieg durchschnittlich 200 m über Kuppenrhön bzw. Rhönvorland. Im Mittel werden Höhenlagen von 800 m, mehrfach aber auch 900 m erreicht. Der westliche Ausläufer, die Wasserkuppe hat als höchste Erhebung der Rhön und Hessens eine Höhe von 950 m. In der Hohen Rhön ist eine fast 300 m mächtige Abfolge vulkanischer Gesteine erhalten. Entstanden sind diese Vulkangesteine, als sich an der Landoberfläche ausfließende Gesteinsschmelzen (Laven) sowie bei explosiven Ausbrüchen ausgeworfene vulkanische Produkte (Aschen, Lapilli etc.) und deren Umlagerungsprodukte im Gebiet der Rhön ablagerten.
Die vulkanische Abfolge überdeckt einen schon vorvulkanisch intensiv in Bruchschollen zerlegten Untergrund aus Sedimentgesteinen der Trias- und untergeordnet der Tertiär-Zeit. Besonders erwähnenswert sind die fossilreichen Schichten der unteren Tertiär-Zeit (Oligozän) der ehemaligen Braunkohlen-Lagerstätte Sieblos (¨Sieblos-Schichten¨) am westlichen Hangfuss der Wasserkuppe.
Die vulkanischen Bildungen der Rhön sind nur die Überreste der vulkanischen Aktivitäten, die im Rhöngebiet durch radiometrische Altersdatierungen (Altersbestimmungen durch Feststellen des Gehaltes an bestimmten radioaktiven Stoffen und deren Zerfallsprodukten in einem Gestein) für die Zeit zwischen etwa 25 und 11 Millionen Jahren vor heute belegt sind. Die Hauptaktivität endete in der Rhön jedoch schon vor ca. 18 Millionen Jahren.
Die Vulkanprovinz der Rhön gehört ebenso wie das Vulkangebiet des Vogelsberges zu einer Kette von Vulkanzentren, die sich von der Eifel über Westerwald, Vogelsberg und Rhön bis nach Schlesien erstreckt.
Niederhessische Senke
Die 12-18 km breite Niederhessische Senke erstreckt sich von Kassel im Norden bis etwa Ziegenhain (Schwalmstadt) im Süden. In der Tertiär-Zeit begann sich vor etwa 40 Mio. Jahren in diesem Teil des Hessischen Berglandes ein Senkungsgebiet auszubilden, das zeitweilig durch ein von Norden eindringendes Meer überflutet wurde. In Meeresarmen sowie in randlichen Seen und Lagunen konnten sich Sande und Tone ablagern. An den Rändern der Senkungsfelder entstanden aus Sumpfwäldern und Mooren lokale Braunkohlevorkommen, die z. B. bei Borken und Ostheim abgebaut wurden. Während der späten Tertiär-Zeit waren auch hier, wie in Vogelsberg und Rhön, Vulkane aktiv. Da die dabei entstandenen Basalte viel widerstandsfähiger gegen Erosion und Abtragung sind als die sie umgebenden Tone und Sande blieben Reste der Vulkane bis heute erhalten. Sie bilden z.T. Kuppen, die höher als 500 m über NN herausragen und die Landschaft der Niederhessischen Tertiärsenke prägen. Die Sedimentation in der Tertiär-Zeit wurde vor etwa 2 Mio. Jahren durch bis zu 60 m mächtige Flußsedimente aus überwiegend Sanden und Kiesen abgeschlossen. Ihre Reste liegen als alte Flußterrassen weit oberhalb des Grundwasserniveaus an den Rändern der heutigen Flußtäler.
Hessische Buntsandsteinscholle
Ein großes Gebiet in Nord-, Mittel- und Osthessen wird von der Hessischen Buntsandsteinscholle bzw. der Hessischen Buntsandsteintafel eingenommen. Heute stehen in diesem Raum überwiegend flach liegende, z. T. leicht gewellte Sedimentgesteine der Untertrias-Zeit (Buntsandstein) an.
Begrenzt wird diese Scholle im Süden vom Vogelsberg, im Westen vom Rheinischen Schiefergebirge, im Norden vom Oberwälder Land bzw. Solling und im Osten von der Eichsfeld-Schwelle, dem Thüringer Becken und der Rhön. Eingebettet in die Hessische Buntsandsteinscholle liegt die Niederhessische Senke.
Die Schichten des Buntsandsteins bestehen vorwiegend aus bunten (gelb, braun und vor allem rot gefärbten) Sand- und Tonsteinen. Der Bereich der Hessischen Buntsandsteinscholle gehörte schon vor der Trias-Zeit, also in der Perm-Zeit, vor etwa 250 Mio. Jahren, zu einem von Norddeutschland und Polen bis nach Südhessen reichenden Senkungsraum (¨Germanisches Becken¨), in dem außer kalkigen und Gips führenden Gesteinen auch Salze abgelagert wurden. In den bis zu 300 m mächtigen Salzfolgen (meist Steinsalz) des Werra-Fulda-Gebietes, liegen zwei abbauwürdige 2 und 4 m mächtige Kaliflöze. Diese Kalisalze werden schon seit etwa 90 Jahren industriell abgebaut und haben als Düngemittel große Bedeutung in der Landwirtschaft.
Über dem Zechstein (Oberperm-Zeit) wurden zunächst bis zu 1000 m mächtige Sandsteine sowie Ton- /Schluffsteine des Buntsandsteins (Untertrias-Zeit) abgelagert, darüber mit etwa 550 m Mächtigkeit weitere Gesteinsschichten der Trias-Zeit (Muschelkalk, Keuper) sowie Gesteine der Jura- und Kreide-Zeit in unbestimmter Mächtigkeit.
Bewegungen der Erdkruste führten schon im späten Erdmittelalter zur Bildung einzelner Bruchschollen und Grabenzonen. In den Gräben blieben jüngere Ablagerungen des Erdmittelalters (Muschelkalk, örtlich Keuper und Jura) bis heute erhalten. Außerhalb der Senkungsbereiche wurden sie bis zum Ende der Tertiär-Zeit im Gebiet der Hessischen Buntsandsteinscholle weitgehend abgetragen. In der mittleren bis späten Tertiär-Zeit senkte sich innerhalb der Scholle entlang einer Schwächezone der Erdkruste die Niederhessische Senke langsam ab. Die Bruchzonen wurden vor allem an den Senkungsrändern von aktivem Vulkanismus begleitet, der neben der Niederhessischen Senke vor allem die südlich und südöstlich an die Hessische Buntsandsteinscholle angrenzenden Gebiete, den Vogelsberg und die Rhön, erfasste.
In der Quartär-Zeit, besonders im Eiszeitalter (Pleistozän), wurde das Gebiet erneut gehoben und Flüsse schnitten tiefe Täler in die ehemals flache Tertiär-Landschaft ein. Die Reste dieser Ebene sind heute noch als Hochplateaus in Höhen zwischen 450 und 500 m erhalten.