Gewässerstruktur
Die Gewässerstruktur zeigt, wie naturnah ein Gewässerbett ausgebildet ist. Sie hat daher neben der Wasserqualität einen starken Einfluss auf die Lebensbedingungen der Gewässerorganismen. Damit Fische, Fischnährtiere und Wasserpflanzen in unseren Bächen und Flüssen möglichst natürlich existieren können, muss die Gewässerstruktur gewisse Mindestanforderungen erfüllen. Auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert dies. Weitere Informationen zur WRRL finden Sie auf unserer Webseite . Danach soll der gute ökologische Zustand bereits bis 2027 erreicht werden. Deshalb ist die Kenntnis der aktuellen Gewässerstruktur wichtig, um ggf. noch notwendige Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung ergreifen zu können.
Kartierung der Gewässerstruktur
Die erste Kartierung der Gewässerstruktur aller hessischen Fließgewässer (ca. 24.000 km) erfolgte bereits Ende der 1990er Jahre. Um zumindest für die in der WRRL direkt zu betrachtenden Gewässer aktuelle Daten bereitstellen zu können, war eine Neukartierung erforderlich. Diese wurde von Herbst 2012 bis Frühjahr 2013 durch vier ausgewählte Fachbüros mit insgesamt 60 Kartierern durchgeführt. Es wurden gut 8.000 km Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet über 10 km² neu kartiert.
Eine ausführliche Beschreibung dieses Projektes ist im Jahresbericht 2015 dargestellt. Die Ergebnisse der Kartierung für jeden 100-m-Abschnitt sind im WRRL-Viewer zu finden. Die dortige Darstellung ersetzt das Gewässerstrukturgüteinformationssystem GESIS, das bisher vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter gesis.hessen.de bereitgestellt wurde.
Seit 2014 finden jährlich Gewässerstrukturkartierungen der Änderungsstrecken in den vegetationsarmen Jahreszeiten (Herbst, Winter), durch Mitarbeiter des HLNUG, statt. Der Schwerpunkt der Nachkartierung ist die Dokumentation umgesetzter Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur und deren Auswirkung, um das gesteckte Minimalziel guter Gewässerstrukturen auf mindestens einem Drittel der Gewässerstrecke - gut verteilt auf der Gesamtstrecke - zu zu erreichen. Die im Gelände neu erhobenen Daten werden regelmäßig in den WRRL-Viewer überführt und dort dargestellt.
Habitatindex
Da die Gewässerstruktur zwar wichtige Informationen über die morphologische Qualität eines Gewässers liefert, jedoch diese Kennzahlen nur schlecht mit dem ökologischen Zustand korrelieren, wurde von Wissenschaftlern ein Habitatindex entwickelt. Dieser basiert auf fachlich ausgewählten, biologisch relevanten Einzelparametern der Gewässerstrukturkartierung. Der Habitatindex ist somit besonders gut dazu geeignet, Zusammenhänge zwischen der Flora und Fauna und der Gewässerstruktur zu beleuchten. Aktuell dienen unsere Berechnungen des Habitatindexes der Überprüfung der Repräsentativität unserer Messstellen. Er wird ebenfalls im WRRL-Viewer dargestellt.
Eigendynamische Gewässerentwicklungsfähigkeit
Nachdem über viele Jahrhunderte der Mensch die Gewässer verändert hat, sind natürliche oder naturnahe Flüsse und Bäche selten geworden. Allerdings sind die Fließgewässer fähig, sich selbst zu regenerieren. Wenn genügend Fläche zur Verfügung steht und wir das Gewässer sich erst einmal selbst überlassen, kann es wieder einen naturnahen Zustand erreichen. Diese Eigenschaft wird als „eigendynamische Entwicklungsfähigkeit“ bezeichnet.
Aufwendige und teure Baumaßnahmen sind also nicht immer notwendig. Bereits kleine Eingriffe - wie z. B. das punktuelle Herauslösen von im Uferbereich befestigten Steinen und das Belassen dieser Steine im Gewässer - können der Beginn einer Entwicklung des Gewässers sein. Diese Technik - Hochwasser statt Bagger - ist besonders effizient, die Kosten sind gering und die Strukturentwicklung verläuft gewässertypisch.
Im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie wurde im Jahr 2012 deshalb eine Methode erarbeitet, mit der die Entwicklungsfähigkeit der Fließgewässer bewertet werden kann. Dabei wurden verschiedene Parameter berücksichtigt:
Entwicklungsfreudigkeit:
- Abflussdynamik
- Strömungsleistung
- Ufererodierbarkeit
- Geschiebeführung
Entwicklungspotenzial:
- Regenerationswiderstand
- Flächenverfügbarkeit
- lineare Restriktion
- Prozessdynamik
In diesem Projekt wurden so gezielt Gewässerstrecken ermittelt, an denen effektive und kostengünstige Maßnahmen zur Förderung der Eigenentwicklung durchgeführt werden können. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Entwicklungsfähigkeit in den Gewässern unterschiedlich ausgeprägt ist.
Weitere Erläuterungen zur Methodik und eine Darstellung der Ergebnisse finden Sie auf dieser Seite unter Downloads.