Mit Nitrat belastete und eutrophierte Gebiete nach Düngeverordnung
Hinweis zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsabgrenzung (AVV GeA)
Zur Reduzierung von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlichen Quellen in Gewässer wurde 1991 die EU-Nitratrichtlinie (Richtlinie 91/676/EWG) erlassen. Zur nationalen Umsetzung dieser Richtlinie in Deutschland ist erstmals 1996 die Düngeverordnung (DüV) bundesweit in Kraft getreten.
Die DüV regelt die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln und soll unter anderem zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat und Phosphor aus landwirtschaftlichen Quellen beitragen.
Ein wesentlicher Bestandteil der Düngeverordnung ist, dass die Bundesländer zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nährstoffe aus landwirtschaftlichen Quellen mit Nitrat belastete und aufgrund von Phosphor eutrophierte Gebiete ausweisen müssen. Als methodische Grundlage für die Ausweisung dieser Gebiete dient die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA, veröffentlicht am 10.11.2020 zuletzt geändert am 10.08.2022).
Die Ausarbeitung der AVV GeA erfolgte unter Federführung des Bundeslandwirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums durch Arbeitsgruppen mit Fachexperten aus Landwirtschaft, Wasserwirtschaft und Bundesforschungseinrichtungen.
Die EU-Kommission hatte die Vorgehensweise der Bundesrepublik Deutschland bei der 2021 erfolgten Gebietsausweisung insbesondere wegen folgender Punkte kritisiert:
- die erhebliche Reduktion der ausgewiesenen mit Nitrat belasteten Gebiete in Deutschland im Vergleich zu der Ausweisung nach den Vorgaben der DüV von 2017,
- die Modellierung der Immissionen und Emissionen diene ausschließlich dazu die Gebiete zu verkleinern,
- die Nitrat-Richtlinie lasse die Betrachtung der modellierten Emissionen nicht zu,
- es sei kein ausreichender vorsorgender Grundwasser- und Oberflächengewässerschutz gegeben,
- belastete Messstellen liegen teilweise außerhalb der ausgewiesenen mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebiete.
Mit der 2022 kurzfristig erfolgten Novellierung der AVV GeA wurde daher die Vorgehensweise bei der Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten angepasst und bundesweit weiter vereinheitlicht. Die Änderungen sollen vor allem einem verbesserten Schutz der Oberflächengewässer und dem Grundwasser dienen und so drohende Strafzahlungen im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland verhindern.
Die erstmalige Ausweisung von eutrophierten und mit Nitrat belasteten Gebieten erfolgte in Hessen im Jahr 2020 und 2019. Die aus der Neufassung der AVV GeA resultierende Aktualisierung der Gebietsabgrenzung wurde im August 2022 technisch im HLNUG sowie in der Abteilung Landwirtschaft im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) umgesetzt. Mit der Verordnung zur Änderung der hessischen Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung (AVDüV) vom 01.12.2022 wurden schließlich die aktuellen mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebiete bekannt gegeben. Diese Gebiete können über den Geobox-Viewer eingesehen werden.
Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete
Die AVV GeA beschreibt fünf Schritte zur Abgrenzung der Gebiete. Dabei wird deutlich, dass die Nitratbelastungen im Grundwasser den Ausschlag für die Abgrenzung der belasteten Gebiete geben.
Für die Abgrenzung der Gebiete mussten vorab die Bereiche definiert werden, in denen eine Belastung im Grundwasser durch Überschreitungen einer Nitratkonzentration von 50 mg/l oder einer Nitratkonzentration von 37,5 mg/l mit steigender Tendenz vorlag (erster Schritt). Hierfür wurden bestehende Messnetze, die bereits an die EU gemeldet werden, aber auch Messstellen, die bislang keinem EU-Messnetz zugeordnet sind, herangezogen. Neu ist, dass mindestens eine Messstelle je Flächeneinheit von 20 km2 vorhanden sein soll. Für die Ausweisung wurden in Hessen 120 Messstellen für das Ausweisungsmessnetz herangezogen. In den kommenden Jahren müssen weitere Messstellen gebaut werden, um die Flächenkriterien der Bundesvorgaben zu erfüllen.
Für die Bewertung der Nitratbelastung wurde der Mittelwert der Nitratkonzentrationen aus den Jahren 2018 bis 2021 zugrunde gelegt. Nach den neuen Vorgaben der Grundwasserverordnung und AVV GeA müssen auch denitrifizierende Verhältnisse in den Grundwässern berücksichtigt werden. In Hessen werden die Nitratkonzentrationen vor dem Einsetzen der Denitrifikation bereits seit 2018 an ausgewählten Messstellen mit der N2/Ar-Methode untersucht. An 27 Messstellen des Ausweisungsmessnetzes lagen Ergebnisse vor, die bei der Bewertung mit eingeflossen sind.
Zu berücksichtigen waren Grundwasserkörper, die mindestens eine Messstelle mit einer Überschreitung der zulässigen Nitratkonzentration aufweisen (zweiter Schritt). Auf Bestreben der EU-Kommission wurden in die DüV strengere Vorgaben aufgenommen.
Die vorausgewählten Flächen wurden nun im dritten Schritt auf Immissionsebene binnendifferenziert. Dafür sind in der AVV GeA drei Möglichkeiten zur Auswahl vorgegeben. Wenn eine Messstellendichte von einer Messstelle pro Flächeneinheit von 20 km2 besteht (entsprechend den Vorgaben der Anlagen 2 und 3 AVV GeA), kann eine Regionalisierung durchgeführt werden. Da dieses Flächenkriterium derzeit in Hessen nicht erreicht wird, konnte diese Option nicht genutzt werden. Weitere Möglichkeiten zur Binnendifferenzierung auf Immissionsebene bieten die Einzugsgebiete von Wasserschutzgebieten (§ 5 Abs. 2 AVV GeA) und die Abgrenzungen nach hydrogeologischen Teilräumen (§ 15 Abs. 2 und Anlage 4 AVV GeA). Diese beiden Möglichkeiten wurden in Hessen angewandt, so dass sich die Fläche der betrachteten Grundwasserkörper reduziert hat.
In einem vierten Schritt werden die Gebiet auf Basis der ATKIS-Datensätze abgegrenzt, so dass die Verrechnung der Randbereiche in einem fünften Schritt mit den Schlaggeometrien und eines 20 % Abschneidekriteriums der InVeKoS-Datensätze erfolgen konnte.
Übersichtskarte der mit Nitrat belasteten Gebiete
Im Vergleich zu den in 2021 abgegrenzten Gebieten hat sich die ausgewiesene Fläche um rund 8 %, in Bezug zur landwirtschaftlichen Nutzfläche, erhöht. Somit müssen auf etwa 183.950 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche die Vorgaben der AVDüV 2022 umgesetzt werden.
Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise zu den Gebietsabgrenzungen bietet der Vortrag Abgrenzung der mit Nitrat belasteten Gebiete.
Ausweisung von eutrophierten Gebieten
Im Gegensatz zur Grundwasserbelastung mit Nitrat steht bei Oberflächengewässern (Fließgewässer und Seen) die eutrophierende Wirkung durch Phosphor im Fokus. Der Prozess der Eutrophierung beschreibt einen unerwünscht hohen Eintrag von Nährstoffen in Gewässer (hier im Fokus: Phosphor), wodurch es zu einem unnatürlich starken Pflanzenwachstum und infolgedessen zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch durch Abbauprozesse im Gewässer kommt. Dies kann zu Sauerstoff- und Lichtmangel im Gewässer führen, was vielen Wasserorganismen schadet und zu einer Abnahme der Biodiversität führen kann.
Zum Schutz der Oberflächengewässer vor Eutrophierung durch Phosphor müssen die Länder daher Einzugsgebiete oder Teileinzugsgebiete von Gewässern ausweisen, die aufgrund zu hoher Phosphorgehalte keinen guten oder sehr guten ökologischen Zustand aufweisen. Als methodische Grundlage für die Ausweisung dieser Gebiete, dient die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA).
Die eutrophierten Gebiete werden in Hessen auf Ebene von Oberflächenwasserkörpern (OWK) ausgewiesen. Die Abgrenzung der Gebiete erfolgt nach den rechtsverbindlichen Vorgaben der AVV GeA in fünf Schritten:
Im ersten Schritt werden anhand von Messwerten im Gewässer allgemein-physikalisch-chemische Qualitätskomponenten betrachtet und überprüft, ob die Phosphor-Konzentrationen im Gewässer den für den guten ökologischen Zustand in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) festgelegten Wert (Anlage 7 Nr. 2 Tabelle 2.1.2 und Nr. 2.2 OGewV) überschreiten. In Fließgewässern wird hierfür der Parameter Ortho Phosphat Phosphor und in Seen der Parameter Gesamtphosphor bewertet.
Im zweiten Schritt werden relevante biologische Qualitätskomponenten geprüft, die eine bereits eingesetzte oder drohende Eutrophierung anzeigen können. In Fließgewässern werden die Komponenten Wasserpflanzen (Makrophyten) und Kieselalgen und in Seen das Phytoplankton herangezogen, um zu überprüfen, ob der ökologische Zustand bzw. das ökologische Potential der Gewässer nach Vorgabe der OGewV, Anlage 5 schlechter als in die Klasse gut einzustufen ist.
Im dritten und vierten Schritt wird geprüft, ob die Phosphoreinträge aus der Landwirtschaft stammen, um verursachergerecht Maßnahmen zu ergreifen und wirksame Regelungen zur Reduzierung der Einträge festzulegen. Hierfür wird mithilfe des Modells MEPhos (Modell zur Ermittlung von Phosphorbelastungen aus diffusen und punktuellen Quellen) ermittelt, wieviel Phosphor (als Gesamtphosphor - Pges) über die unterschiedlichen Eintragspfade in Oberflächengewässer eingetragen wird.
Der Landwirtschaft werden die Einträge aus Drainagen (< 1 %), Abschwemmung (2 %) und Erosion (22 %) zugerechnet und für jeden Oberflächenwasserkörper die Einträge aus der Landwirtschaft den weiteren modellierten Eintragspfaden (kommunale (37 %) und industrielle (3 %) Kläranlagen, Kleinkläranlagen (< 1 %), Mischwasserentlastungen (21 %), Regenwasserkanalisation (5 %), Grundwasser (6 %), atmosphärische Deposition (2 %) sowie Zwischenabfluss (2 %)) gegenübergestellt. Dabei wird geprüft, ob die Einträge aus der Landwirtschaft einen signifikanten Anteil (> 20 %) am Gesamteintrag in den Wasserkörper ausmachen (dritter Schritt).
Landwirtschaftlich bedingte Phosphoreinträge sind zudem abhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten und nicht vollständig vermeidbar. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurden ökoregionsabhängige flächenspezifische Schwellenwerte für landwirtschaftlich bedingte Phosphoreinträge festgelegt und neben den prozentualen Einträgen auch die absoluten Einträge aus der Landwirtschaft modelliert und geprüft, ob der jeweilige flächenspezifische landwirtschaftlich bedingte Phosphoreintrag überschritten ist (vierter Schritt).
Entlang der Wasserkörpergrenzen werden in einem fünften Schritt die Flächen der landwirtschaftlichen Parzellen, die zu mindestens 20 % in einem belasteten Gebiet liegen, vollständig dem belasteten Gebiet hinzugerechnet. Die Umsetzung dieses letzten Schrittes der Gebietsabgrenzung erfolgt durch die Abteilung Landwirtschaft im HMLU.
Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise zu den Gebietsabgrenzungen bietet der Vortrag Abgrenzung der eutrophierten Gebiete.
Übersichtskarte der eutrophierten Gebiete
Derzeit sind 83 Oberflächenwasserkörper mit einer Fläche von ca. 6.094 km2 (entspricht ca. 28,9 % der Landesfläche) als eutrophierte Gebiete ausgewiesen. In diesen Gebieten sind ca. 3.154 km2 landwirtschaftliche Fläche betroffen. Das entspricht ca. 34 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Hessen.
Weitere Informationen zur Düngeverordnung erhalten Sie bei der federführenden Behörde, dem Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat (HMLU).