Forschungsprojekt
Rotmilan
Projekttitel
Rotmilanschutz und nachhaltiger Windenergieausbau in Hessen (RoniaH)
Antragsteller
Prof. Dr. Nina Farwig, Prof. Dr. Dana Schabo, Dr. Sascha Rösner und Dr. Theresa Spatz, Arbeitsgruppe Farwig, Fachgebiet Naturschutz der Philipps-Universität Marburg
Projektbeschreibung
Trotz der Bedrohung von Biodiversität und Ökosystemen durch den Klimawandel steht der Ausbau klimafreundlicher Windenergie aufgrund vielfältiger Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt immer wieder in der Kritik. Häufig angeführte Konfliktpunkte sind, neben Lärmemissionen oder visuellen Beeinträchtigungen, der durch Windenergieanlagen (WEA) hervorgerufene Lebensraumverlust, Barriereeffekte und das erhöhte Kollisionsrisiko von hochmobilen Arten wie Fledermäusen und Vögeln.
Unter den Vögeln ist der Rotmilan eine der intensivsten diskutierten Arten im Zusammenhang mit dem Windenergieausbau. In Deutschland brüten ca. 37 % - 50 % der Weltpopulation, weshalb eine große Verantwortung für den Schutz und Erhalt der Art besteht. Gleichzeitig ist der Rotmilan eines der häufigsten Kollisionsopfer an WEA in Relation zu den Bestandszahlen, da er als aktiver Suchflugjäger einen Großteil der Zeit im Flug verbringt und kein Meideverhalten gegenüber WEA zeigt. Fundierte Kenntnisse über das Flugverhalten und die Raumnutzung des Rotmilans im Zusammenhang mit Einflussfaktoren wie Landnutzung oder Windregimes sind daher unerlässlich, um zielführende Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen im Sinne eines nachhaltigen Windenergieausbaus in Hessen zu entwickeln.
Mit dem Projekt möchte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Nina Farwig zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan beitragen. Dafür sollen die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Rotmilans auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen quantifiziert sowie evidenzbasierte Erfassungsstandards für Artbewertungen entwickelt werden. Dazu steht dem Team um Prof. Dr. Nina Farwig bereits ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung, der die Bewegungsmuster von 37 besenderten, adulten Rotmilanen über fünf Jahre umfasst. Die Brutplätze der besenderten Tiere sind über ganz Hessen verteilt und bilden somit die Heterogenität der Landschaften Hessens ab. Erste Auswertungen der Daten zeigen, dass Rotmilane in der gesamten Zeit im Brutgebiet eine starke Horstbindung aufweisen, die Aktionsräume in der Brutzeit geschlechtsspezifisch stark variieren und dass eine erhöhte Ressourcenverfügbarkeit in der Landschaft generell zu kleineren Aktionsräumen führt. Zudem zeigen erste explorative Datenanalysen eine hohe individuelle Variation in der Flughöhe.
Basierend auf diesem Datensatz will die Arbeitsgruppe in dem Projekt über bisher bearbeitete grundlagenökologische Fragesellungen hinausgehen und gemeinsam mit der Naturschutzpraxis anwendbare Handlungsempfehlungen erarbeiten. Konkret sollen 1) die bestehende Abstandsempfehlung von Windenergieanlagen zu Brutplätzen überprüft werden, indem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Individuen in Abhängigkeit zur Distanz vom Horst quantifiziert wird, 2) Flughöhe und Flugaktivität über verschiedenen Landnutzungsformen während der gesamten Aufenthaltszeit der Art im Brutgebiet (März – September) näher aufgelöst werden und 3) die zuvor von der Arbeitsgruppe erhobenen Daten genutzt werden, um Feldbeobachtungen mit Sender-basierten und modellierten Erfassungen zu vergleichen, um so Erfassungsstandards zur Raumnutzungsanalyse zu optimieren. Ziel des Projekts ist es, integrative Strategien für den nachhaltigen Windenergieausbau auszuarbeiten, die insbesondere dazu beitragen, das Kollisionsrisiko für hochmobile Vogelarten wie etwa dem Rotmilan zu reduzieren.
Projektdauer
01.10.2022 – 30.09.2026
Projektpartner
Dr. Simon Thorn (Vogelschutzwarte, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie)
Julia Karpa (Dezernat Forsten und Naturschutz, Obere Naturschutzbehörde Gießen)
Christian Heuck, (Planungsbüro Bioplan Marburg-Höxter GbR)
Dr. Tobias Reiners, (Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON))