Lebensraumtypen der Felsen, Schutthalden und Höhlen
Der Lebensraumtyp 8150 umfasst waldfreie Block- und Schutthalden aus Silikatgestein. Natürliche Blockhalden entstanden durch Verwitterung harten Gesteins (z. B. Basalt, Quarzit, Granit) während der Eiszeiten, bei der das anstehende Gestein insbesondere durch Frostsprengung in Blöcke zerteilt wurde. Da infolge von Auswaschung kein Bodenmaterial vorhanden ist, sind die Blockhalden von Natur aus waldfrei. Natürliche Schutthalden entstehen am Fuß von Felsen oder an Steilhängen durch abrutschenden Gesteinsschutt. Anthropogene Schutthalden (z. B. in Steinbrüchen) gehören nur dann zum Lebensraumtyp, wenn sich eine typische Vegetation entwickelt hat.
Natürliche Blockhalden haben in Hessen ihren Verbreitungsschwerpunkt in den Hochlagen der Rhön und des Meißners sowie im Odenwald. Sie sind oft frei von Gefäßpflanzen, aber ein bedeutender Lebensraum für Moose und Flechten, die die Gesteinsblöcke überziehen. Unter ihnen finden sich stark spezialisierte und seltene Arten, die ansonsten in alpinen oder arktischen Regionen vorkommen.
Einen ganz anderen Charakter haben dagegen Schieferschutthalden, die vor allem im Rheinischen Schiefergebirge vorkommen: hierbei handelt es sich um ausgesprochen trocken-warme Lebensräume, deren lückige Vegetation aus spezialisierten Pflanzenarten wie Schmalblättrigem Hohlzahn (Galeopsis angustifolia), Trauben-Gamander (Teucrium botrys) und im Mittelrheingebiet Schildampfer (Rumex scutatus) besteht.
Karte - 8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
Der LRT umfasst waldfreie Kalk- und Mergelschutthalden. Natürlicherweise entstehen sie am Fuße bzw. an den Hängen von Kalkfelsen. Einige sind durch größere Hangrutschungen, sogenannte Bergstürze, entstanden. Während Kalkschutthalden in den Alpen größere Flächen einnehmen und recht verbreitet sind, sind sie in den Mittelgebirgen eher selten. In Hessen kommen Kalkschutthalden nur in den Muschelkalkgebieten im Norden und Nordosten des Landes vor. Anthropogene Schutthalden (z. B. in Steinbrüchen) gehören nur dann zum Lebensraumtyp, wenn sich eine typische Vegetation entwickelt hat.
Die Vegetation natürlicher Kalkschutthalden besteht oft aus einem Mosaik unterschiedlicher Sukzessionsstadien und umfasst Pionierbesiedler wie Schmalblättrigen Hohlzahn (Galeopsis angustifolia) und Trauben-Gamander (Teucrium botrys), Saumpflanzen wie Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria), ferner Blaugras (Sesleria varia), Ruprechtsfarn (Gymnocarpium dryopteris), magerrasenähnliche Vegetationsstadien sowie Initialstadien der Wiederbewaldung. In der Regel unterliegen die Standorte einer natürlichen Sukzession, die zu Kalkbuchenwäldern oder Edellaubbaumwäldern führen kann.
Karte - 8160 Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas
Die Hauptvorkommen von Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation in Deutschland liegen in den Kalkalpen und in der Schwäbischen und Fränkischen Alb. In Hessen kommt dieser Lebensraumtyp nur selten und kleinflächig vor; hauptsächlich in den nordosthessischen Muschelkalkgebieten sowie im weiteren Umfeld der Lahn, wo Massenkalk aus dem Devon ansteht.
In den Spalten von Kalkfelsen können sich nur wenige Arten Höherer Pflanzen ansiedeln, z. B. Streifenfarn (Asplenium trichomanes), Milzfarn (Asplenium ceterach), Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), Blasenfarn (Cystopteris fragilis) und Blaugras (Sesleria caerulea). Kennzeichnend sind darüber hinaus Moose und Flechten. Oft treten Kalkfelsen im Komplex mit anderen, nach der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen auf, z. B. mit Kalk-Pionierrasen (6110), Kalktrockenrasen (6210) oder Kalk-Buchenwäldern (9150).
Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation kommen in den meisten Mittelgebirgen Deutschlands vor. Da zu dem Lebensraumtyp nicht nur Felsen aus Schiefer, Quarzit und Buntsandstein, sondern ebenso solche aus Basalt und Diabas zählen, ist dieser Lebensraumtyp auch in Hessen zwar nur kleinflächig und mit zerstreuten Einzelvorkommen, aber in vielen Teilen des Landes mit Ausnahme der Wetterau und des Rhein-Main-Tieflandes vertreten.
In den Spalten von Silikatfelsen können sich nur wenige Arten Höherer Pflanzen ansiedeln, insbesondere verschiedene Farnarten (Asplenium ruta-muraria, A. trichomanes, A. septentrionale, A. adiantum-nigrum, A. ceterach, Polypodium vulgare, Cystopteris fragilis sowie sehr selten Woodsia ilvensis). Kennzeichnend sind darüber hinaus Moose und Flechten.
Oft treten Silikatfelsen im Komplex mit anderen, nach der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen auf, z. B. mit Silikatfelsen mit Pioniervegetation (8230), Buchenwäldern (9110, 9130) oder Schlucht- und Hangmischwäldern (9180).
Der Lebensraumtyp umfasst bestimmte Typen der Pioniervegetation auf sauer verwitterndem Silikatfels oder -grus, die in der Regel kleinflächig auf natürlich waldfreien Felsköpfen und Graten, aber auch auf in Magerrasen eingestreutem anstehenden Gestein sowie an anthropogen entstandenen felsigen Standorten (z. B. in ehemaligen Steinbrüchen) anzutreffen sind. Sie weisen eine nur sehr geringe bis fehlende Bodenauflage und infolgedessen eine lückige Vegetationsstruktur auf, in der einjährige, kleinwüchsige Blütenpflanzen sowie Moose und Flechten einen deutlichen Anteil haben. Typisch sind z. B. verschiedene Sedum-Arten, Ausdauernder und Triften-Knäuel (Scleranthus perennis, Scleranthus polycarpos), Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella), Berg-Sandglöckchen (Jasione montana), bodenbesiedelnde Flechten und Moose. Diese Lebensräume und ihre Vegetation wirken oft sehr unscheinbar, können aber von erheblicher Bedeutung für gefährdete Pflanzenarten sein.
Silikatfelsen mit Pioniervegetation kommen in den meisten Mittelgebirgen Deutschlands vor. In Hessen liegt ihr Schwerpunkt im Rheinischen Schiefergebirge.
Der Lebensraumtyp umfasst natürliche, durch geologische Prozesse entstandene Höhlen; künstlich geschaffene Hohlräume wie Stollen oder Bergwerke gehören nicht dazu. Der wichtigste Höhlenbildungsprozess ist die Verkarstung von kalk- oder gipshaltigen Gesteinen. Höhlen können jedoch auch in anderen Gesteinen entstehen, vor allem durch tektonische Vorgänge.
In Hessen sind nach dem Höhlenkataster, das vom Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen geführt wird, gut 350 Höhlen bekannt, die - internationalen Regeln entsprechend - ab einer Gesamtganglänge bzw. Tiefe von 5 m aufgenommen werden. Die größte Höhle Hessens ist das "Herbstlabyrinth-Adventhöhlensystem" mit einer bisher vermessenen Gesamtganglänge von mehr als 6 km. Diese liegt im devonischen Massenkalk des Westerwaldes in der Nähe von Breitscheid.
Höhlen fungieren nicht nur als Winterquartier für Fledermäuse, sondern werden darüber hinaus von spezialisierten wirbellosen Tieren besiedelt, z.B. der Höhlenkreuzspinne (Meta menardi) oder Grundwasserflohkrebsen der Gattung Niphargus. Pflanzen können wegen des Lichtmangels nur im Eingangsbereich von Höhlen gedeihen.