Forschungsprojekt
Brandstellen
Projekttitel
Bieten Brandstellen aus der Verbrennung von Gehölzrückschnitt in Naturschutzgebieten Habitate für Schmetterlinge der Kalktrockenrasen? (BraNat)
Antragsteller
Prof. Dr. Gert Rosenthal, Fachgebiet Landschafts- und Vegetationsökologie der Universität Kassel
Projektbeschreibung
Ausgangspunkt für das hier beantragte Projekt ist die Frage, wie sich das in Hessen vielfach praktizierte Verbrennen von Gehölzschnittgut aus der Naturschutzpflege (periodische Pflegerückschnitte beim Management von Kalkmagerrasen) auf die Habitatausstattung von Kalkmagerrasen auswirkt. Als Zielarten sollen Schmetterlingsarten im Fokus stehen, weil sie einerseits selbst in vielen Naturschutzgebieten rückläufige Tendenzen aufweisen, andererseits Hinweise darüber vorliegen, dass gerade diese Artengruppe von den durch die Feuerstellen entstandenen Mikrohabitaten profitieren. Als Rückgangsfaktoren für Schmetterlinge spielen neben der intensiven Landwirtschaft in der Umgebungslandschaft und einer reduzierten Biotopvernetzung auch der Mangel an bestimmten Habitatrequisiten eine große Rolle. Dazu gehören auch kleinflächige Störstellen an der Bodenoberfläche, die günstige Mikroklimabedingungen bereitstellen.
Im hessischen Teil der Hotspotregion 17, „Werratal mit Hohem Meißner und Kaufunger Wald“ sollen unterschiedlich alte Brandstellen untersucht werden, die bei der Verbrennung des aufgeschichteten Strauchschnitts entstehen. Dieses Vorgehen löst immer wieder kontroverse Diskussionen zwischen den verschiedenen Akteuren aus. Das Verbrennen des Schnittguts, neben der energetischen Nutzung und der Kompostierung eine weitere alternative Behandlungsform, ist dabei hinsichtlich der naturschutzfachlichen Bedeutung bisher nur wenig untersucht worden. Die kleinräumigen Bereiche der Brandstellen bilden auf den Kalkmagerrasen Mikrohabitate, die sich teilweise deutlich von ihrer Umgebung unterscheiden. Da viele Insektenarten, insbesondere viele Tagfalterarten, auf Störstellen in der Vegetation angewiesen sind, können Brandstellen potentiell auch Habitatrequisiten für diese Arten bereitstellen.
Zur Nutzung von punktuellen Brandstellen aus der Schnittgutverbrennung durch Insektenarten liegen kaum Daten vor. Für einzelne Schmetterlingsarten gibt es aber Hinweise, dass Brandstellen vermehrt aufgesucht werden. Im Rahmen des Projekts soll dies für Kalkmagerrasen im Werra-Meißner-Kreis, als Teil der o.g. Hotspotregion, systematisch untersucht und das Verhalten der einzelnen Arten aufgenommen werden.
Dadurch sollen neue Erkenntnisse zur naturschutzfachlichen Bedeutung des Verbrennens von Gehölzrückschnitt und der dadurch am Ort der Pflegemaßnahmen entstehenden Brandstellen gewonnen werden, die auch als erweiterte Argumentationsbasis für naturschutzbezogene Diskussionen herangezogen werden können. Sollten wichtige Habitatfunktionen durch die Untersuchungen bestätigt werden können, könnten Synergien zwischen Gehölzentsorgung auf der einen und der Schaffung von Habitaten für (ggf. seltene und gefährdete) Arten auf der anderen Seite geschaffen und perspektivisch weiterentwickelt werden.
Projektergebnisse
Die Untersuchungen ergaben keine negativen Auswirkungen für die Tagfaltergemeinschaft der Kalkmagerrasen durch Brandstellen. Es konnte die Mehrheit der im Untersuchungsgebiet vorkommenden Tagfalterarten auf Brandstellen erfasst werden. Zudem waren die erfassten Individuenzahlen höher als auf den Kontrollflächen im ungebrannten Magerrasen. Trotz der ungünstigen Erfassungssituation aufgrund der Dürre und deren Auswirkung auf die Tagfalterzahlen in den Jahren 2022 und 2023 konnte eine vielfältige Nutzung der Brandstellen besonders durch adulte Tagfalter nachgewiesen werden. Der Wert der Brandstellen lag für die Tagfaltergemeinschaft vor allem in der Bereitstellung von wärmebegünstigten offenen Strukturen. Neben diesen lag ein hohes Angebot an Nektarpflanzen auf den Brandstellen vor, von denen neben Tagfaltern auch weitere Insekten profitieren könnten. Dies gilt auch für die bereitgestellten wärmebegünstigten Strukturen.
Ein generelles Verbot der Schnittgutverbrennung auf Kalkmagerrasen wird aus Sicht der Forschenden aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der vorliegenden Literatur nicht als sinnvoll bewertet. Brandstellen bieten, so die Forschenden, im Gegensatz sogar ein nützliches Störungsinstrument, mit dem für die Tagfaltergemeinschaft wichtige Sonderstrukturen gezielt und kostenneutral geschaffen werden können. Aufgrund seiner räumlichen Steuerbarkeit würde punktueller Brand gleichzeitig die Möglichkeit bieten, den Standort der Feuerstelle flächenspezifisch auszuwählen. Damit würden bei Bedarf wertvolle Artvorkommen zusätzlich geschützt werden können. Aus Sicht der Forschenden ergeben sich daraus große Synergien zwischen der Schnittgutentsorgung aus Entbuschungsmaßnahmen und der Schaffung wertvoller Habitatstrukturen für Tagfalter.
Die Ergebnisse können im Detail im Abschlussbericht nachgelesen werden.
Projektdauer
01.06.2022 – 31.10.2023
Projektpartner
- Marco Lenarduzzi (Geo-Naturpark Frau-Holle-Land)