Zertifikatslehrgänge
Die Naturschutzakademie bietet Lehrgänge an, bei denen die Teilnehmenden ein Zertifikat erwerben können. Zwei davon im Verbund mit dem Bundesweiten Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz (BANU).
Dieser Lehrgang ist bereits seit 2005 an der Naturschutzakademie Hessen etabliert und gleichbleibend nachgefragt, derzeit findet eine Überarbeitung des Curriculums durch die BANU statt. Hierbei werden die Nachhaltigkeitsziele aus der Agenda 2030 für die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) integriert. Koordinationsstelle für den ZNL-Zertifikatslehrgang in Hessen ist die Naturschutzakademie. Auf Initiative regionaler Kooperationspartner, wie z. B. Schutzgebiete oder Kommunen, wird der Lehrgang zum "Zertifizierten Natur- und Landschaftsführer" angeboten. Der gesamte Kurs umfasst mindestens 80 Stunden. Er findet in der Regel im Rahmen von mehreren Wochenenden in der jeweilig anfragenden Kommune, Region statt. Die Koordinationsstelle begleitet das Bewerbungsverfahren und die regionalisierte Programmentwicklung, erstellt das Programm mit bewährten Lehrgangsleitenden und ist für die Prüfung zuständig. Darüber hinaus steht die Projektkoordinatorin für Informationsgespräche im Vorfeld der Kurse oder zur Beratung bei der Fördermittel-Akquise zur Verfügung. Dabei ist die Finanzierung grundsätzlich über den Regionalpartner vor Ort zu gewährleisten.
Nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Artenkenntnis sind in einem starken Rückgang begriffen. Dabei hat die Berücksichtigung streng und besonders geschützter Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren durch die EU-Gesetzgebung und die Rechtsprechung mittlerweile eine sehr hohe, oft projektentscheidende Bedeutung. Der Bundesweite Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz (BANU), tritt diesem Trend mit einem neuen Zertifikat und einer umfangreichen Qualifizierungsoffensive entgegen. Dabei sollen enge Kooperationen mit allen für die Vermittlung von Artenkenntnissen relevanten Partnerorganisationen erfolgen. Im ersten Schritt werden die Qualifizierung und die zu vergebenden Zertifikate für die Artengruppen Feldbotanik, Ornithologie und Amphibien sowie Reptilien neu aufgesetzt und mit bestehenden Formaten zusammengeführt. Dafür wurden bundesweit einheitliche Curricula und Prüfungsordnungen in den Kompetenzstufen Bronze, Silber und Gold entwickelt. Die Qualifizierungskurse werden als mehrtägige Module oder auch Blockkurse angeboten. Prüfungen können unabhängig von besuchten Kursen abgelegt werden und haben keine Zulassungsbeschränkung. Diese werden durch BANU-Akademien oder akkreditierte Kooperationspartner abgenommen. Bisherige Kooperationspartner für Ornithologie und Feldherpetologie (Amphibien und Reptilien) in Hessen sind:
- für den Bereich Feldherpetologie: Institut für Tierökologie, Prof. Dr. Emily Poppenborg Martin, Justus-Liebig-Universität Gießen
- für den Bereich Feldornithologie: Staatliche Vogelschutzwarte, Dr. Simon Thorn, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
- für den Bereich Feldbotanik: AG Spezielle Botanik, Prof. Dr. Volker Wissemann, Justus-Liebig-Universität Gießen
Der stetige Ausbau weiterer Artengruppen in das Angebot ist geplant.
Seit 2020 gibt es diesen Lehrgang als Fortbildung zum/zur Zertifizierten Streuobstfachwart/-in. Die Fortbildung gliedert sich in sieben Grundmodule sowie einzelne Zusatzseminare. Mit dieser Maßnahme knüpft die Naturschutzakademie an die aktuelle Streuobstwiesenstrategie des hessischen Umweltministeriums an und begegnet der Tatsache, dass Streuobstwiesen als gefährdete Lebensräume in der „Roten Liste“ geführt werden. Ziel der neuen Fortbildungsreihe mit Abschluss zum/zur zertifizierten Streuobstfachwart/in ist, den Teilnehmenden eine breite fachliche und praktische Grundlage für die Pflanzung und Pflege von hochstämmigen Streuobstbäumen zu vermitteln.
Modul 1: Grundlagen und Jungbaumpflege
- Obstbäume sind Kulturpflanzen und benötigen ein Mindestmaß an Pflege. Unter Beachtung der natürlichen Wuchsgesetze und Schnittregeln werden die Grundlagen mit Schwerpunkt auf Jungund Ertragsbäume vermittelt. Die Fortbildung zeigt, welche Schnittmaßnahmen in Bezug auf die Obstart, Jahreszeit und Baumalter durchgeführt werden können. Ziel ist die Entwicklung eines
tragfähigen Kronengerüstes. Ein fachgerechter Pflanzschnitt, eine systematische Kronenerziehung (Erziehungsschnitt) und die Behandlung in der Ertragsphase sind die Kerninhalte. Außerdem
werden wichtige Tipps zu Werkzeugen, Leitern und anderen Materialien gegeben. Nicht zuletzt fließen die Erfahrungen des Referenten in Bezug auf die ökologische Bedeutung der Obstwiese,
die Sortenkunde und die Pflanzengesundheit in das Seminar ein.
Modul 2: Altbaumpflege und Schnittpraxis
- Alte Obstbäume sind ökologisch besonders wertvoll. Aus obstbaulicher Sicht sind sie in der Regel ungepflegt, nicht mehr vital oder instabil. Auf der Grundlage der natürlichen Wachstumsgesetze und Schnittregeln (Modul 1), wird die fachgerechte Obstbaumpflege von der Ertrags- bis zur Altersphase behandelt. Es wird vermittelt, wie die z.T. jahrelang nicht mehr gepflegten Altbäume systematisch geschnitten und somit stabilisiert und vitalisiert werden können. In der Praxis werden das sichere Arbeiten mit Leitern und der Einsatz der Kurzsicherung in Verbindung mit dem Klettergurt gezeigt.
Modul 3: Obstbäume veredeln – Obstsorten erhalten
- Schon 1000 v. Chr. kultivierten die Phönizier in ihren Obstgärten veredelte Bäume und Hippokrates berichtete über eine alte gärtnerische Tätigkeit – das Okulieren. Das Veredeln der Obstgehölze ist eine Art der ungeschlechtlichen Vermehrung. Dabei werden verschiedene Verfahren angewendet, weil die Obstarten und Sorten nur in Ausnahmefällen durch Samen sortenecht vermehrt werden können. Gerade beim Kernobst sind im Laufe der Jahrhunderte viele wertvolle Sorten entstanden, die bis heute nur durch das Veredeln erhalten werden können. Wie durch das Veredeln dieses Genreservoir gesichert werden kann, wird anhand unterschiedlicher Techniken demonstriert.
Modul 4: Baumgesundheit und visuelle Kontrolle
- Grundlage für einen erfolgreichen Obstbau ist die Baumgesundheit. In diesem Modul geht es um Maßnahmen, die zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Vitalität der Obstbäume beitragen.
Klimaveränderungen und andere Stressfaktoren strapazieren die Widerstandsfähigkeit und es können neue (invasive) Schadorganismen auftreten. Verschiedene Maßnahmen die zur Förderung
der Vitalität und der Baumgesundheit dienen, werden vorgestellt und praktisch ausprobiert. Obstkrankheiten und Schädlinge werden vorgestellt und umweltschonende Bekämpfungsmaßnahmen vermittelt.
Modul 5: Sommerschnitt und Pflege an Obstgehölzen
- Einen wesentlichen Teil der Obstgehölzpflege stellt der Kronenschnitt dar, wobei sich die Maßnahme in der Regel auf den Winter (Ruhephase) konzentriert. Dass Obstbäume erfolgreich in der Vegetationsperiode geschnitten werden können, beweist nicht nur der früher bedeutsame Formobstbau (Obstspalier). Aus baumbiologischer Sicht kann die Sommerbehandlung eine gute Alternative sein. Ein frühzeitiger „Sommerriss“ steuert das Wachstum und verhindert aufwändige Schnitte im Winter. Der klassische Sommerschnitt beruhigt die Triebleistung. Speziell der Schnitt an
gummiflussgefährdeten Süßkirschen und der Walnuss haben sich bei der Ernte oder nach abgeschlossenem Wachstum im August/September als vorteilhaft herausgestellt.
Modul 6: Einführung in die Obstsortenbestimmung – am Beispiel Apfel
- Hochstämmige Obstbäume prägen noch vielerorts unsere Kulturlandschaft. Dabei spielen die alten Obstsorten einer Streuobstwiese, in Bezug auf ihre Robustheit und Widerstandskraft, eine
wesentliche Rolle. Doch wer kennt sie noch, die guten alten Sorten? Sie verschwinden fast unmerklich aus der Landschaft und mit ihnen wertvolle Eigenschaften, wie Krankheitsresistenz,
Geschmack, Verarbeitungsfähigkeit. Ebenso geht ein Stück kulturhistorische und pomologische Geschichte verloren. Sie gilt es, ebenso wie die genetische Vielfalt der Streuobstwiese, zu erhalten.
Ein erster Schritt in die Obstsortenbestimmung ist das Studium der äußeren und inneren Merkmale einer Frucht – die Pomologie…
Modul 7: Anlage von Streuobstwiesen - planen, pflanzen und pflegen
- Streuobstbestände zu verjüngen und zu bewahren ist eine wichtige Aufgabe zum Erhalt der Kulturlandschaft und Biodiversität. Grundlage für einen zukunftsfähigen Streuobstanbau sind die optimalen Standortbedingungen, die richtige Sortenwahl, ein entsprechendes Nutzungskonzept sowie die richtige Pflege. Die Veranstaltung zeigt, welche Überlegungen und Maßnahmen in Bezug auf die Planung, Pflanzung und Pflege von jungen Obstbäumen nötig sind.
Zielgruppe
- Die neue Fortbildung richtet sich an alle Personen, die Obstgehölze fachgerecht schneiden und Streuobstwiesen anlegen und pflegen möchten. Insbesondere an diejenigen, die ein Interesse an einer zusätzlichen Qualifikation im Bereich der naturnahen Obstgehölzpflege haben und gleichzeitig eine effektive und professionelle Arbeitsweise erlernen wollen.
Angesprochen werden u.a. Streuobstwiesenbesitzer/-innen, Landwirte/-innen, Naturschützer/-innen, Hobbyobstbauer/-innen, Mitarbeiter/-innen von Bauhöfen, Landschaftspflegeverbänden, Naturschutzbehörden und anderen Verwaltungsbereichen sowie die Berufsgruppen Gartenbau, Natur- und Landschaftspflege und Forstwirtschaft.
Referent
- Steffen Kahl, Pomologe und Streuobstwanderlehrer, Schlaraffenburger gGmbH
Teilnahmevoraussetzungen
- Es sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich. Grundsätzlich können die Module und Seminare auch einzeln belegt werden. Für das Zertifikat sind allerdings alle Grundmodule (1-7) Voraussetzung. Die Module können auch über zwei Jahre verteilt werden. Die Teilnahme am Modul 2 (Altbaumpflege) und Modul 5 (Sommerschnitt) setzt die Teilnahme am Modul 1 (Grundlagen/Jungbaumpflege) voraus.
Veranstaltungsort
- HLNUG Naturschutzakademie, Seminargebäude, Friedenstraße 30, 35578 Wetzlar
Einzelne Module und Zusatzseminare beinhalten eine Exkursion in die umliegenden Streuobstgebiete von Wetzlar.
Teilnahmebestätigung/Zertifikat
- Für jedes Modul wird eine separate Teilnahmebestätigung ausgestellt. Mit Absolvierung aller sieben Module wird ein Zertifikat „Streuobstfachwart/-in“ ausgestellt. Eine Prüfung findet nicht statt.
Streuobstwiesen eignen sich aufgrund ihrer aus unterschiedlichen Teillebensräumen, dem großen Arteninventar und der Vielfältigkeit ihrer (nachhaltigen) Nutzungsformen in besonderem Maße zur Vermittlung der Ziele einer nachhaltigen Bildung.
Im Sinne der BNE stehen bei diesem Zertifikatslehrgang die Zusammenhänge von Ökologie, Artenvielfalt und Nutzungsmöglichkeiten von Streuobstwiesen im Vordergrund und werden durch geeignete methodische Ansätze „begreifbar“ gemacht.
Es werden sowohl Fachwissen über Streuobstwiesen als auch didaktische und methodische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt.
Die Kursteilnehmer*innen werden befähigt, diese im pädagogischen Alltag anzuwenden und alters- und entwicklungsgerecht Zielgruppen, von Kindern bis zu Erwachsenen, anzupassen.
Der Lehrgang umfasst theoretische (ca. 1/3) und praktische Teile (ca. 2/3) und ist in drei, dem Jahreslauf angepasste, Module (je 2 Tage, ganztägig) untergliedert.
Als Abschluss findet an einem weiteren Tag eine theoretische und praktische Prüfung statt.
Modul 1: Streuobst-Bäume – eine Annäherung
- Grundlagen: Geschichte und Definition Streuobstwiese/Obstbau, Schädling-Nützling-System
- rechtliche Grundlagen: Aufsichtspflichten
- Obstbaumarten (spielerische Annäherung) / praktischer Naturschutz (Nisthilfenbau) / BionikWerkstatt
Modul 2: Streuobst-Ökologie – Tiere, Pflanzen und mehr
- Ökologie und landwirtschaftliche Nutzung von Streuobstwiesen
- Artenkennerspiele und -aktionen: Tiere, Kräuter, Gräser, Schwerpunkt Insekten/ Grundkurs: Sensen und Dengeln / Teambildung / erste Ideensammlungen für Prüfungsprojekt
- Gruppendynamik, Umgang schwierige Gruppen, Teambildung / Gruppenfindungsphase für Prüfung
Modul 3: Streuobst-Ernte – Essen, Spielen, Kunst
- Obstkunde (Pomologie)/ Ernährung, Kulinarik / Natur-Kunst / Methodik und Didaktik für Projekte/ Projektvorbereitung
- Spiele/Aktionen rund um den Apfel / Herbstfärbung / Naturkunstwerke / Ausarbeitung Projekte
Prüfung
- schriftliche Prüfung (Multiple Choice, offene Fragen)
- praktische Prüfung: Präsentation der Projekte in Kleingruppen
Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung ist die Teilnahme an allen Modulen. Im Krankheitsfall wird eine schriftliche Ersatzleistung zu einem Streuobst-Thema des nicht besuchten Moduls gefordert.
Bei erfolgreichem Bestehen erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat.
Methodik
Die oben genannten Inhalte werden sowohl in Theorie, als auch in Praxis vermittelt. Folgende Methoden kommen dabei im Einzelnen zum Einsatz:
Vorträge, Arbeitsgruppen, Spiele in den Bereichen Sinneserfahrung, Kooperation, Wissensaneignung, Experimentelle Aktionen/Werkstätten, Praktische Tätigkeiten, Künstlerische Arbeiten, Teambildungsprozesse, Projektplanung/Arbeitsorganisation, Präsentation
Referentinnen
Beide Referentinnen verfügen über 20-jährige Berufserfahrungen in der Umweltpädagogik im Streuobst.
Britta Hirt: Dipl. Pädagogin, zertifizierte Umweltpädagogin, zertifizierte Landschaftsobstbauerin
Anika Hensel, Landwirtschaftlich-technische Assistentin, Umweltschutztechnikerin, zertifizierte Umweltpädagogin, zertifizierte Landschaftsobstbauerin
Zielgruppe
"Grüne Berufe", Landschaftspfleger*innen, Lehrkräfte, Erzieher*innen, ehrenamtlich Aktive auf den Streuobstwiesen und weitere Streuobst-Interessierte als Multiplikatoren für Natur- und Umweltbildung.
Das Programm und Anmeldemöglichkeiten zu den einzelnen Veranstaltungen finden Sie in unserem Bildungsprogramm.