Igel
Der Braunbrustigel (Erniaceus europaeus) in Hessen
Der Braunbrustigel oder Westigel ist der in West- und Zentraleuropa - und somit auch in Hessen -vorkommende Vertreter der beiden europäischen Igelarten. Die einst häufige Art ist jedoch in den letzten Jahren immer seltener zu sehen. In der Roten Liste der Säugetiere Hessens von 2023 wird der Igel daher in der Vorwarnliste geführt. Der Bestandstrend ist offensichtlich abnehmend, das genaue Ausmaß und die Ursachen hierfür sind jedoch nicht genauer bekannt, da bisher keine systematische Erfassung der Igelvorkommen in Hessen durchgeführt wird.
Um diese Wissenslücke zu schließen und die Datengrundlage zu verbessern, rufen das HLNUG und das Institut für Tierökologie und Naturbildung alle interessierten Bürgerinnen und Bürger auf, Igel-Beobachtungen und -Totfunde über das Meldeportal des HLNUG zu melden. Das Beifügen von Fotos sowie Anmerkungen zum Zustand der Tiere sind dabei ausdrücklich erwünscht und können helfen ein genaueres Bild zu erhalten. Eine Störung der Tiere sollte selbstverständlich vermieden werden.
Da Igel die kalte Jahreszeit im Winterschlaf verbringen, sind die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere je nach Witterung nur von März/April bis Oktober/November zu beobachten. Im Herbst, wenn sich insbesondere die Jungtiere Fettreserven für den Winterschlaf anfressen müssen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Igelbeobachtungen.
Ziel des Projekts ist es, die Datengrundlage zu den Hessischen Igelvorkommen zu verbessern als Basis für weiterführende Untersuchungen, aber auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Wildtier des Jahres 2024 zu lenken, das trotz großer Beliebtheit langsam aber stetig aus den Gärten und der Landschaft zu verschwinden droht.
Sie haben einen Igel gesehen?
Melden Sie bitte Ihre Beobachtung über unser Meldeportal.
(Angaben zu personenbezogenen Daten sind freiwillig)
- Systematik: Ordnung: Insektenfresser (Eulipotyphla)
Familie: Igel (Erinceidae)
Art: Braunbrustigel oder Westigel (auch Igel) (Erniaceus europaeus)
- Merkmale: Färbung von Fell, Gesicht und Stacheln dunkel- bis hellbraun. Das Stachelkleid besteht aus 5.000-7.500 2-3 cm langen, hell-dunkel gebänderten Stacheln. Die Vorderfüße sind mit langen Krallen versehen, der kurze Schwanz ist unscheinbar, die Ohren rund und klein, die Schnauze spitz und beweglich.
- Sinne: Das Sehvermögen ist bei dem nachtaktiven Igel relativ schlecht ausgebildet. Umso besser sind Geruchs-, Gehör- und Tastsinn entwickelt. Igel können auch im Ultraschallbereich sehr gut hören.
- Größe & Gewicht: Adulte Tiere weisen eine Körperlänge von 20-30 cm und ein Gewicht von 600 – 1500 g auf, wobei die Männchen etwas größer und schwerer sind als die Weibchen.
- Verbreitung: In ganz West- und Zentraleuropa und somit auch in Hessen und Deutschland flächendeckend verbreitet. In Neuseeland eingeführt.
- Lebensraum: Strukturreiche Landschaften in Parks und Gärten, Streuobstwiesen sowie Laub- und Mischwälder. Strukturarme Landschaften und große Äcker werden gemieden.
- Lebensweise: Igel sind dämmerungs- und nachtaktiv. Sie leben als Einzelgänger und sind sehr ortstreu, zeigen aber in der Regel kein Territorialverhalten. In einer Nacht können Igel mehrere Kilometer zurücklegen. Bei den Männchen sind Streifgebiete von über 100 ha nicht selten, während es bei den Weibchen nur 3-10, maximal 30 ha sind. Bei Gefahr rollen Igel sich mit Hilfe einer ringförmigen Muskulatur zu einer Stachelkugel ein. Die Wintermonate von etwa Oktober/November bis März/April verbringen Igel im Winterschlaf in einem dichten und geschützten Nest.
- Nestbau: Igel nutzen im Jahresverlauf unterschiedliche Nester. Den Winterschlaf verbringen sie in einem dichten, möglichst geschützt und ungestört gelegenen Winternest. Recht einfach gebaute Tagesnester dienen in der aktiven Zeit des Jahres tagsüber als Ruhestätte. In gut geschützten Aufzuchtnestern ziehen die Igelweibchen ihre Jungen auf. Die Nester bestehen meist aus Laub, Moos und Gras und befinden sich oft in Reisig- und Laubhaufen oder dichten Gebüschen, aber auch in Schuppen und Scheunen.
- Nahrung: Hauptnahrung sind Insekten, Regenwürmer, Asseln, Schnecken, aber auch Frösche, kleine Schlangen, Eidechsen, junge Mäuse, Vogeleier und Aas werden verzehrt.
- Fortpflanzung & Jungenaufzucht: Die Paarungszeit dauert etwa von Mai bis August. Nach 32-36 Tagen Tragzeit werden 4-5 (selten bis zu 10) nackte und blinde Junge zur Welt gebracht. Die Nesthocker werden etwa 6 Wochen lang von der Mutter gesäugt. Bereits mit 3 Wochen beginnen sie die Nestumgebung zu erkunden und mit etwa sieben Wochen und einem Gewicht von 250-350g sind sie selbständig und gehen ihre eigenen Wege.
- Lebensdauer: In der freien Natur leben Igel durchschnittlich knapp 2 Jahre, nur wenige Tiere erreichen ein Alter von bis zu 7 Jahren und nur 1/3 der Jungtiere übersteht das erste Lebensjahr. In Menschlicher Obhut können die Tiere auch bis zu 11 Jahre alt werden.
- Natürliche Feinde: Große Greifvögel wie Uhu und Habicht sowie Fuchs, Dachs, Marder und Waschbär können dem Igel gefährlich werden, aber auch Parasiten wie Flöhe, Milben und Würmer führen bei starkem Befall geschwächter Tiere zum Tod.
- Gefährdungen: Lebensraumverlust durch fehlende Hecken- und Saumstrukturen in intensiv landwirtschaftlich genutzten Landschaften sowie durch naturferne, „sterile“ Gärten ohne Nahrungsangebot und Versteckmöglichkeiten. Lebensraumzerschneidung durch Barrieren wie Zäune, Mauern und Straßen. Rückgang der Insektenfauna sowie trockenheitsbedingter Nahrungsmangel. Direkte Gefährdung durch Straßenverkehr, Verbrennen von Reisig- und Laubhaufen, Mähgeräte wie Motorsensen und Mähroboter, künstliche Teiche ohne Ausstieg, Kellerschächte o. Ä. ohne Ausstieg.
Igel sind geschützte Wildtiere, die nach den Vorschriften für besonders geschützte Tierarten des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG) nicht gefangen und aus der Natur entnommen werden dürfen. Nur in Ausnahmefällen ist ein Eingreifen erlaubt. So dürfen verletzte, hilflose oder kranke Tiere in menschliche Obhut genommen werden, um sie gesund zu pflegen. Dabei sollten unbedingt Igelexperten oder Tierärzte zu Rate gezogen werden, denn die Aufzucht von Igeln ist schwierig und die Erfolgschancen einer Wiederauswilderung erfahrungsgemäß gering. Die Tiere sind nach der Genesung unverzüglich wieder freizulassen.
Ein Eingreifen sollte nur bei eindeutig hilfebedürftigen Igeln erfolgen:
- Offensichtlich verletzte Tiere
- Offensichtlich kranke und geschwächte Tiere. Mögliche Indizien: Igel die tagsüber unterwegs sind, torkeln, reglos liegen, sich bei Berührung nicht einrollen.
- Länger verwaiste Säuglinge
- Igel, die noch nach Wintereinbruch draußen unterwegs und deutlich geschwächt sind.
Ausführliche Informationen zum Thema sowie Ansprechpartner (deutschlandweit) gibt es z. B. bei Pro Igel e.V.
In einem Igelfreundlichen Garten darf es ruhig etwas unordentlich zugehen. Verzichtet man auf allzu gründliches Aufräumen, lässt Totholz, Reisig und Herbstlaub liegen und legt möglichst vielfältige naturnahe Strukturen an, ist dem kleinen Stacheltier schon sehr geholfen. Dabei können einfache Maßnahmen schon viel bewirken und darüber hinaus auch zahlreichen anderen heimische Tierarten zugutekommen:
- Natürliche Igelverstecke anbieten: Hecken mit heimischen Sträuchern, Laub-, Reisig- und Totholzhaufen bieten Igeln Möglichkeiten für Tagverstecke und Winternester. Aber auch seine Nahrungstiere, wie z. B. Würmer, Schnecken oder Insekten, tummeln sich gerne in diesen eher schattig-feuchten Bereichen.
Keine Chemie im Garten, Nahrungstiere fördern: Im igelfreundlichen Garten sollten keine Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichter oder Kunstdünger zum Einsatz kommen. „Schädlinge“ sollten allenfalls mit ökologisch verträglichen Mitteln bekämpft werden. Denn gerade diese Kleintiere sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für den Igel.
Heimische Pflanzen verwenden: Heimische Pflanzenarten sind nicht nur besser an hiesige Standortbedingungen angepasst, sondern stehen auch am Anfang eines vielfältigen Nahrungsnetzes, auf das auch der Igel angewiesen ist. Exotische Pflanzen sind dagegen meist nutzlos für die heimische Tierwelt.
Wasserstellen anbieten: Igel brauchen zwar wenig, aber doch regelmäßig Wasser. Bei längeren Trockenperioden im Sommer und fehlenden Trinkgelegenheiten können sie daher verdursten. Sowohl Gartenteiche mit flachen Ufern als auch Wasserschalen mit frischem Wasser können hier Abhilfe schaffen. Wichtig sind auch feuchte und beschattete Stellen im Garten, die eine kühlende Wirkung haben und wo sich noch dazu viele Nahrungstiere des Igels tummeln.
Durchgang zu anderen Gärten ermöglichen: Igel legen auf ihren nächtlichen Streifzügen nicht selten mehrere Kilometer zurück. Zäune oder Mauern können dabei unüberwindbare Barrieren darstellen und auch naturnah gestaltete Gärten unerreichbar machen. Sie sollten daher mit mindestens 10 cm hohen und breiten Durchlässen versehen sein.
Reisighaufen nicht abbrennen: Reisig- und Totholzhaufen sollten nicht abgebrannt, oder zumindest vorher umgesetzt werden, da sie gerne von Igeln für Tagverstecke oder auch Winternester genutzt werden. Während der Zeit des Winterschlafs von Oktober bis April sollten die Haufen unberührt bleiben. Vom Abbrennen ist auch deshalb abzuraten, weil Reisig- und Totholzhaufen von zahlreichen Insekten und Kleintiere besiedelt werden, die dann vernichtet würden.
Maschineneinsatz mit Vorsicht: Rasenmäher, Mähroboter, Motorsensen und ähnliche Maschinen können sind für Igel eine große Gefahr darstellen, da die Tiere bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich zusammenrollen bzw. „einigeln“. Wer den Maschineneinsatz reduziert und z. B. in bestimmten Bereichen nur ein- bis zweimal im Jahr mäht, tut nicht nur dem Igel, sondern auch seinen Nahrungstieren etwas Gutes.
Igelfallen vermeiden: Gartenteiche, Treppen, Schächte und Gruben können für Igel zur tödlichen Falle werden. Mit flachen Uferzonen oder Ausstiegshilfen kann den Tieren der sichere Ausstieg ermöglicht werden. Auch eine Abdeckung kann Abhilfe leisten. Leere Futterdosen oder Essensverpackungen sollten gleich entsorgt werden, damit sich hungrige Igel nicht darin verfangen.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG)
Tel.: 0641-200095 24
Ansprechpartnerin: Irene Glatzle
Institut für Tierökologie und Naturbildung GmbH
Marburger Straße 14 + 16, 35321 Laubach-Gonterskirchen
Tel.: ++49 (0) 6405 505 77 - 0
E-Mail: info[at]tieroekologie.com
Ansprechpartner: Dr. Markus Dietz, Lisa Höcker