Erläuterungen zur Klimamodellierung
Klimamodelle funktionieren ähnlich wie Modelle für Wettervorhersagen, allerdings werden Klimamodelle nicht mit Messdaten „gefüttert“ und müssen trotzdem plausible Ergebnisse für über 100 Jahre simulieren. Sie nutzen insbesondere Informationen zur vergangenen und künftigen Entwicklung der weltweiten Treibhausgasemissionen, sowie zu Emissionen von anderen klimawirksamen Stoffen (z.B. Luftschwebstoffe wie Sulfat-Aerosole) und Landnutzungsänderungen. Hierzu gibt es mehrere Szenarien, welche Mengen an Treibhausgasen bis Ende des Jahrhunderts ausgestoßen werden (s. RCP-Szenarien). Das Ergebnis der Modellierung sind sogenannte Klimaprojektionen, die ein mögliches Bild der Zukunft abbilden. Sie sind grundlegend, um Risiken und Chancen künftiger Klimaänderungen bewerten sowie einschätzen zu können, für welche Klimafolgen Anpassungsmaßnahmen entwickelt werden müssen.
Modelle auf globaler Ebene haben häufig eine sehr grobe Auflösung (ca. 100*100 km), sind also räumlich recht ungenau. Damit die Klimaprojektionen für Deutschland besser nutzbar sind, werden die Globalmodelle mit regionalen Klimamodellen gekoppelt. Damit ist eine Auflösung mit einer Gitterweite von 12 km möglich. Diese Auflösung ist in der Anwendung Klima der Zukunft in Hessen noch einmal auf 5 km verfeinert und für die elf hessischen Naturräume gemittelt worden.
Klimamodelldaten sollen vor der Nutzung in der Klimafolgenforschung oder Politikberatung gemittelt werden, um Ungenauigkeiten herauszurechnen. Üblicherweise wird empfohlen, über jeweils 3 x 3 Gitterboxen räumlich einen Mittelwert zu bilden. Hierbei können jedoch Werte entstehen, die nicht repräsentativ für die zu untersuchende Fläche sind (z.B. Flächen im Rheingau werden mit Flächen im Taunus gemittelt). Daher wird in „Klima der Zukunft“ ein Datensatz verwendet, bei dem Flächenmittelwerte aus klimatisch ähnlichen Regionen berechnet wurden (z.B. Mittelrheingraben, Rhein-Main-Tiefland und hessisches Ried). Diese Aufbereitung wurde im Projekt „Berechnung und Bereitstellung von ReKliEs-De Klimasimulationsdaten für hessische Naturräume“ realisiert. Der Wert an einem beliebigen Punkt kann damit direkt in die Klimafolgenforschung oder Politikberatung eingehen, da die wissenschaftlich erforderliche Mittelung bereits erfolgt ist.
Mit jeder Kombination von globalem und regionalem Modell werden nicht nur Simulationen für die Zukunft durchgeführt, sondern mit derselben Kombination auch für die Vergangenheit (Referenzperiode). Der Vergleich zwischen beobachtetem und simuliertem Klima für die Vergangenheit zeigt, wie gut diese Modell-Kombination das heutige Klima darstellen kann. Das Klimasignal, also die hier gezeigte Änderung, ist die Differenz zwischen dem simulierten Klima der Vergangenheit und dem mit den gleichen Modellen simulierten Klima der Zukunftsperiode.
Klimamodelle sind ein vereinfachtes Abbild des sehr komplexen Klimasystems der Erde, sodass Modellfehler unvermeidlich sind. Um Fehler herauszurechnen, die ein einzelnes Modell zeigt, werden in der Klimaforschung sogenannte Ensembles verwendet. Ein Ensemble ist eine Vielzahl verschiedener Simulationen (sei es mit einem Modell und unterschiedlichen Anfangsbedingungen oder mit unterschiedlichen Modellen). In einer Ensembleauswertung wird über viele verschiedene Modelle ein Mittelwert gebildet sowie die Bandbreite der Einzelergebnisse dargestellt. Die Ensembleauswertung führt im Allgemeinen dazu, dass im Ensemble-Mittelwert Unterschätzungen eines bestimmten Parameters (z. B. Windstärke oder Temperatur) in einem Modell durch die Überschätzung dieses Parameters in einem anderen Modell kompensiert werden. Man kann daher erwarten, dass der Mittelwert über ein Ensemble aus möglichst vielen Modellen die tatsächliche Entwicklung besser abbildet als jedes einzelne der im Ensemble enthaltenen Modelle. Dies gilt sowohl für globale als auch für regionale Klimamodelle sowie für Kombinationen von globalen und regionalen Modellen.
Da alle im Ensemble enthaltenen Modelle aber eine mögliche Entwicklung in der Zukunft simulieren, werden zusätzlich zum Mittelwert über alle Modelle immer auch die Bandbreiten, also die größte und die geringste Änderung aus allen verwendeten Modellen, angegeben.
RCP steht für Representative Concentration Pathways (Repräsentative Konzentrationspfade). Die Repräsentativen Konzentrationspfade legen bestimmte Szenarien der zeitlichen Entwicklung von Treibhausgaskonzentrationen fest. Aus diesen wird der sogenannte Strahlungsantrieb ermittelt, der der zusätzlichen Wärmeaufnahme in Watt pro m² in die Atmosphäre entspricht (mehr zum Treibhauseffekt). Mit Kohlenstoff-Kreislaufmodellen wird dann quasi rückwärts berechnet, wie viele Emissionen von Treibhausgasen „erlaubt“ wären, um zu diesen Konzentrationen zu führen. Mit Klimamodellen werden aus den Konzentrationspfaden die Klimaveränderungen ermittelt, die aus diesen Konzentrationen resultieren. Die Zahlen, mit denen die RCP benannt sind, geben den jeweiligen zusätzlichen Strahlungsantrieb wieder.
„Klimaschutz“-Szenario RCP 2.6: Das RCP-Szenario 2.6 geht von Treibhausgaskonzentration von 400 parts per million (ppm) CO2-Äquivalent im Jahr 2100 und einem Strahlungsantrieb von 2,6 W/m² aus. Es wird auch „Klimaschutz“-Szenario genannt, da dies nur mit erheblichem Aufwand inklusive der aktiven Entfernung von Emissionen aus der Atmosphäre (sog. negative Emissionen durch z.B. CO2-Speicherung und -Abscheidung) erreicht werden kann. Im Januar 2022 lag die gemessene CO2-Konzentration bei 418 ppm (Quelle: gml.noaa.gov/ccgg/trends/;
„Kein Klimaschutz“-Szenario RCP 8.5: 1370 ppm CO2-Äquivalent im Jahr 2100 und ein Strahlungsantrieb von 8,5 W/m² kennzeichnen das „Kein Klimaschutz“-Szenario. Dieses Szenario geht von kontinuierlich steigenden Emissionen aus.
Eine Referenzperiode umfasst in der Klimamodellierung 30 Jahre, um den zeitlichen Schwankungen der verschiedenen Parameter gerecht zu werden und die statistischen Kenngrößen (z.B. Mittelwerte, Anzahl heißer Sommer oder verregneter Winter) mit größerer Genauigkeit bestimmen zu können. In der internationalen Klimaforschung wird die Periode 1961-1990 als Referenz verwendet, da der anthropogene Klimawandel hier noch vergleichsweise wenig sichtbar ist, gleichzeitig aber ausreichend viele Messwerte vorliegen, so dass ein Vergleich zwischen simulierter und beobachteter Vergangenheit möglich ist. Da Klimamodelle das Klima der Vergangenheit z.T. erst ab 1971 simulieren, wird bei Betrachtung der Änderungssignale zukünftiger Perioden der (gegenüber 1961-1990 etwas wärmere) Zeitraum 1971-2000 als Referenzperiode verwendet.
Für die Frage, warum welche Referenzperioden genutzt werden und welche Auswirkungen das haben kann, gibt es weitere Informationen. Mehr
Die regionalen Klimamodelle werden nicht mit Beobachtungsdaten angetrieben, sondern mit globalen Klimamodellergebnissen. Auch die globalen Klimamodelle werden nicht mit Beobachtungsdaten angetrieben, sondern sie beginnen ihre Simulationen im „vorindustriellen Zustand“ (ca. 1850), und simulieren von diesem Zeitpunkt aus das Klima nur noch angetrieben durch die veränderten Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre (beobachtete Konzentrationen bis heute und zukünftige Konzentrationen je nach Szenario). Sie bilden daher nicht exakt das beobachtete Klima ab, sondern nur ein mögliches, physikalisch plausibles Klima der Gegenwart (Referenzperiode 1971-2000). Dieses unterscheidet sich immer mehr oder weniger stark von der Beobachtung. Deswegen werden Änderungen typischerweise auch nur als Differenz des simulierten Klimas der Referenzperiode zum simulierten Klima in der Zukunft angegeben.
Eine Analyse und Bewertung der hier verwendeten Modelle und Simulationen findet sich im ReKliEs-De Nutzerhandbuch, Kapitel 2.
Leitlinien zur Darstellung von Klimamodelldaten: Positionspapier des Bund-Länder-Fachgesprächs "Interpretation regionaler Klimaprojektionen"
Zur Klärung von Fragen zur Anwendung, Interpretation und Bewertung von regionalen Klimaprojektions-Daten hat sich ein Fachgespräch "Interpretation regionaler Klimaprojektionen" etabliert, bei dem Vertreter von Landes- und Bundesbehörden mitwirken. Das Bund-Länder-Fachgespräch hat Leitlinien zur Interpretation regionaler Klimamodelldaten erarbeitet und stellt diese zur Verwendung, Diskussion und Fortschreibung bereit. Die Teilnehmer dieses Fachgespräches sind der Auffassung, dass die Leitlinien bei der Interpretation regionaler Klimamodelldaten als Mindeststandard für belastbare Ergebnisse und Aussagen einzuhalten sind.