5. Hessischer Klimaempfang
12. Mai 2015, Schloss Biebrich
Prof. Dr. Mojib Latif, Leiter des Forschungsbereiches „Ozeanzirkulation und Klimadynamik“ am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), zu Gast in Wiesbaden
Prof. Dr. Thomas Schmid, der Präsident des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG), begrüßte zum fünften Mal ca. 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zum Klimaempfang 2015 im Schloss Biebrich. Wie in den Jahren zuvor wurde der 5. Hessische Klimaempfang organisiert und ausgerichtet durch das im Jahr 2008 gegründete Fachzentrum Klimawandel Hessen im HLUG.
Priska Hinz, Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erläuterte in ihrer Eröffnungsrede die Folgen des Klimawandels, welche in Hessen bereits heute zu spüren sind. Als ein Indiz für die seit Anfang des 20. Jahrhunderts um 0,8 Grad gestiegene Durchschnittstemperatur in Hessen nannte sie den Beginn der Apfelblüte. Diese begann bis Anfang der 90er Jahre durchschnittlich am 6. Mai; inzwischen beginnt sie im Mittel bereits am 30. April.
Im Rahmen der hessischen Klimaschutzpolitik wird zurzeit an einem hessischen Klimaschutzplan inklusive Klimaschutzzielen und konkreten Maßnahmen gearbeitet. In einem umfassenden Beteiligungsprozess sollen alle relevanten Akteure mit einbezogen werden. Auch die hessische Nachhaltigkeitskonferenz ist Teil dieser Aktivitäten.
Ziel ist es, bis zum Jahr 2050 den Endenergieverbrauch zu 100% aus Erneuerbaren Energien abzudecken und das Land klimaneutral werden zu lassen. Die Landesverwaltung soll schon bis 2030 CO2-neutral arbeiten und hat bereits erste Erfolge zu verbuchen: Im Vergleich zum Jahr 2008 konnte der CO2-Ausstoß in 2012 mit einem Minus von 46% fast halbiert werden.
Die Kommunen und Landkreise sind wesentliche Stützen bei der Umsetzung ambitionierter Ziele einer erfolgreichen Klimaschutzpolitik. Daher unterstützt das hessische Umweltministerium weiterhin das Projekt „100 Kommunen für den Klimaschutz“, dem inzwischen schon 137 Kommunen angehören, zur Entwicklung und Umsetzung engagierter Konzepte und Maßnahmen. Energieeffizientes Bauen, energetische Sanierungen ganzer Stadtviertel sowie intelligente Verkehrslösungen sind erfolgversprechende Ansätze.
Parallel wird ein maßnahmenbasierter Aktionsplan Anpassung entwickelt, um Hessen auf die kommenden Klimaveränderungen vorzubereiten. Im Bereich Stadtplanung bspw. kann durch die Anlage von Grün- und Wasserflächen sowie durch die Offenhaltung von Frischluftschneisen für Abkühlung innerstädtischer Bereiche gesorgt werden. Der Wettbewerb „Städte sind zum Leben da“ prämiert kommunale und private Projekte in diesem Bereich.
Die Ministerin wünscht sich, dass Deutschland weiterhin eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnimmt. Die Begrenzung der Kohleverbrennung, CO2-Grenzwerte für neue Autos und einen funktionierenden Emissionshandel nennt die Ministerin als wichtige Hebel. Darüber hinaus braucht die Welt dringend ein globales Abkommen mit verbindlichen Zielen.
Die schriftliche Rede der Ministerin können Sie hier herunterladen. Im Sinne des Medienrechts gilt das gesprochene Wort.
Prof. Dr. Mojib Latif, Leiter des Forschungsbereiches „Ozeanzirkulation und Klimadynamik“ am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), erläuterte als Gastredner eindringlich die Zusammenhänge zwischen dem wichtigsten Treibhausgas CO2 und den dramatischen Auswirkungen auf das Klimasystem und marine Ökosysteme.
Folgende zentrale Kernaussagen stellte er in den Fokus seiner Betrachtungen.
- CO2 aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe zur Erzeugung von Energie ist der Hauptverursacher der globalen Klimaveränderung. Und, konstatierte Prof. Latif, der globale Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases CO2 ist seit den 1990er Jahren um 60% gestiegen. Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre habe die Marke von 400 parts per million (ppm) überschritten. Zum Vergleich: Die vorindustrielle Konzentration lag bei 280 ppm.
- Seit 1900 ist die globale durchschnittliche Lufttemperatur um ca. 1° C gestiegen. Dabei wurden 90% der Energie, die durch die globale Erwärmung in der Atmosphäre entstanden ist, von den Ozeanen aufgenommen, was eine Erwärmung bis in eine Tiefe von 2000 m verursacht hat.
- Seit 1800 nahm die CO2-Konzentration in der Atmosphäre um ca. 30% zu. CO2-Emissionen werden zu großen Teilen von den Ozeanen aufgenommen und reagieren im Wasser zu Kohlensäure. CO2 löst sich besser in kälterem Wasser, deshalb versauern die polaren Ozeanregionen zuerst. Die Versauerung der Ozeane ist bereits messbar und schreitet weiter voran. Eine große Gefahr für alle im Meer lebenden Organismen mit kalkhaltigen Schutzhüllen und Innenskeletten (Plankton, Krustentiere, Korallen etc.) und damit für die gesamte Nahrungskette.
- Seit dem Jahr 1870 (Beginn der Messungen) ist der Meeresspiegel um 20 cm angestiegen.
Anschaulich stellte Prof. Latif die unterschiedlich starke Zunahme der durchschnittlichen Lufttemperatur, abhängig von der zukünftigen Emissionsentwicklung, auf zwei Weltkugeln gegenüber. Er gab zu bedenken, dass die Weltgemeinschaft eine gemeinsame historische Verantwortung hat, denn bei einer mittleren Lebensdauer der CO2-Moleküle in der Atmosphäre von etwa 100 Jahren sind nicht nur die aktuellen Emissionen entscheidend, sondern vielmehr die sog. kumulativen Emissionen, welche über die letzten Jahrzehnte entstanden sind. Die USA und die europäischen Industrienationen haben daran den größten Anteil. Heute sind allein zwei Länder, die USA und China, für ca. 40% der globalen Emissionen verantwortlich. Zu beachten sei dabei, dass China als Werkbank der Welt auch für die westlichen Länder produziert.
Sein Fazit an diesem Abend: Die Klimaerwärmung ist noch zu begrenzen. Dringend notwendig sind die dezentrale erneuerbare Energieversorgung sowie ein globales Klimaschutzabkommen.
Die Präsentation können Sie hier herunterladen.
Die im Rahmen der Veranstaltung entstandenen CO2-Emissionen wurden über eine Spende in ein Klimaschutzprojekt kompensiert.