Mittelgebirgskonferenz 2025: Zusammenfassung

Die Folgen des Klimawandels stellen uns überall vor Herausforderungen, die sich aber von Region zu Region unterscheiden können. In bergigen Regionen können sich bestimmte Folgen besonders intensiv auswirken. Die fünf Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen führten deshalb am 12. März 2025 die zweite gemeinsame Online-Konferenz zum Thema „Anpassung an den Klimawandel in Mittelgebirgen“ durch.
Die Vizepräsidentin des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, Andrea Manz, begrüßte im Namen der fünf Bundesländer die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Konferenz. Sie betonte, dass wir sowohl Klimaschutz umsetzen müssen, um uns vor noch schlimmeren Folgen des Klimawandels zu schützen, als auch Anpassung an die jetzt schon unvermeidbaren Folgen des Klimawandels durchführen müssen. Für diese Umsetzung sind die Kommunen ein zentraler Partner.
Am Vormittag fanden zwei parallele Themenworkshops statt: Einer zu Forstwirtschaft und einer zu Stadtgrün. Am Nachmittag fanden zwei weitere parallele Workshops zu den Themen Landwirtschaft und Schwammstadt statt. In den Workshops wurden jeweils vier kurze Impulsvorträge mit Umsetzungsbeispielen vorgestellt und im Anschluss Fragen dazu beantwortet und diskutiert.
Mit über 850 Anmeldungen war die Konferenz auch dieses Jahr sehr gut besucht und über 60% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich an den Online-Fragen und an der Online-Diskussion beteiligt. Die Konferenz zeigte das nach wie vor große Interesse an Informationen und Austausch zwischen Kommunen zur Klimaanpassung in Mittelgebirgsregionen. Die rege Beteiligung der Teilnehmenden an der Diskussion und dem Austausch deutet darauf hin, dass die vorgestellten Best-Practice-Beispiele gerne aufgegriffen werden und die Anregungen und Ideen aus den Impulsvorträgen nützlich waren. Wir können viel voneinander lernen und gute Ideen müssen weiterverbreitet werden. Und darin waren sich Alle einig: Wichtige Voraussetzungen für gelingende Klimaanpassung sind ein langer Atem, Hartnäckigkeit, Kreativität und ein bisschen Optimismus. So sind wir der Klimaanpassung wieder einen kleinen Schritt nähergekommen.

Gesunde Wälder sind Teil der Lösung, um den Klimawandel selbst und die Folgen abzumildern
Nach den großflächigen Waldschäden in vielen Regionen durch die Dürrejahre und Insektenkalamitäten seit 2018 ist nun die Wiederaufforstung dieser Flächen ein wichtiges Thema. Zudem zeigen häufigere und heftigere Starkregenereignisse die Wichtigkeit der Waldflächen für den Wasserrückhalt. Die naturnahe Waldbewirtschaftung kann ein verbindendes Fundament für Klimaresilienz, Multifunktionalität und Zusammenarbeit in der Kommune sein. Dabei ist die Kommunikation auf Augenhöhe mit allen beteiligten Akteuren besonders wichtig. Auf einem WaldZukunftsPfad in Ziegenrück werden die Vor- und Nachteile verschiedener Wiederbewaldungs- und Waldpflegemaßnahmen sowohl an Waldbesitzer als auch an die Bevölkerung vermittelt. Dazu gehören neben Informationen über Waldrandstreifen, Naturverjüngung, verschiedene Pflanzmethoden oder Verbissschutz auch solche über Planung, Finanzierung und Genehmigungen. Für den Wasserrückhalt im Wald ist insbesondere wichtig, bestehende linienhafte Abflüsse auf Waldwegen oder Rückegassen möglichst zu unterbrechen und das Wasser in den Wald zu leiten. Dadurch wird der Wald besser gegen Trockenheit geschützt und gleichzeitig werden bebaute Gebiete unterhalb der Waldflächen vor wild abfließendem Wasser nach Starkregenereignissen geschützt. Angefangen bei Querabschlägen von Waldwegen über Tümpel und Teiche, Renaturierung von Gewässern, Entfernung von Drainagen bis zur Renaturierung einer Anmoorfläche gibt es viele sinnvolle Maßnahmen.

Gründächer sind Elemente des Klimaschutzes und der Klimaanpassung
Grün in der Stadt hat vielfältige positive Wirkungen: Schatten und Verdunstungskühlung bei Hitze, Wasserrückhalt bei Starkregen, Luftreinhaltung, Lärmminderung und Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig steht Stadtgrün unter hohem Stress durch Hitze, Schadstoffe und oftmals schlechte Standortbedingungen. Ein Online-Tool zur Baumartenwahl hilft bei der Planung von klimawandelstabilem Stadtgrün, seien es Bäume, Sträucher, Fassadenbegrünungen oder Dachgrün. Neben Auswahlkriterien zu Standort und Aussehen kann z.B. auch nach Allergiepotential oder heimischen Arten gefiltert werden. Anschließend wurden an einem Beispiel ganz konkret die Möglichkeiten und Probleme bei der Erweiterung von Baumpflanzgruben in städtischem Gebiet erläutert, sowie Hinweise zu Förderprogrammen gegeben. Besonders spannend war, dass die vorgestellten Maßnahmen relativ zügig durchgeführt werden konnten und von der Bevölkerung durchweg akzeptiert wurden. Damit das Stadtgrün auch Trockenphasen im Sommer überlebt, bieten technische Lösungen wie z.B. Retentionsdächer Möglichkeiten der Regenwasserspeicherung. Diese können entweder Regenwasser auf dem Dach direkt speichern oder mit Zisternen gekoppelt werden. Vor allem im Neubau können solche Lösungen zum dezentralen Niederschlagsmanagement und zur Verbesserung des Lokalklimas beitragen. Stadtgrün kann aber auch ganz anders aussehen, wie das Beispiel der „essbaren Stadt“ aus Mühlhausen (Thüringen) zeigt. Aus bürgerschaftlichem Engagement heraus entstehen auf vormaligen Brachflächen Nutzgärten, die nicht nur Nahrungsmittel produzieren, sondern auch das Zusammenleben in der Kommune verbessern sollen.

Landwirtschaft ist auch durch den Klimawandel betroffen
Auch in der Landwirtschaft ist Wasserrückhalt und Erosionsschutz in der Fläche zunehmend erforderlich. Für die Umsetzung und das Gelingen von Maßnahmen sind neben den physikalischen Bedingungen dabei auch Kreativität, Handlungswille und ein kooperatives Miteinander der Akteure entscheidend. Im direkten und kommunikativen Miteinander sind häufig Lösungen möglich, die alleine nicht umsetzbar wären bzw. keine Akzeptanz fänden. Auf großen landwirtschaftlichen Schlägen können z.B. Versickerungsmulden, Ableitungen aus Gräben oder Gehölzstreifen die Probleme mindern. Agroforstsysteme sind landwirtschaftliche Flächen, auf denen systematisch der ursprüngliche Fruchtanbau mit Gehölzstreifen durchsetzt wird. Sie bieten viele Vorteile: Schutz gegen Erosion durch Wind und Wasser, Erhöhung der Wasserinfiltration in den Boden, Diversifizierung der landwirtschaftlichen Erträge und Ertragssteigerung durch zweifache Nutzung der Fläche. Es gibt Förderprogramme, aber derzeit stehen noch häufig Regelungen, Vorschriften und Gewohnheiten der Umsetzung entgegen. Auch die Kombination von Photovoltaik mit Sonderkulturen (Obst, Beeren, Wein) bietet zusätzliches Einkommen durch die Doppelnutzung der Fläche. Richtig angewendet können die PV-Module empfindliche Kulturen vor zu viel Sonne oder vor Hagel schützen. Pflanzenkohle (Biochar) kann auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zusätzlich den Rückhalt von Wasser und Nährstoffen verbessern. Sie kann aus landwirtschaftlichen Reststoffen hergestellt werden, wobei 50% des Kohlenstoffs als Pflanzenkohle übrigbleiben. Der Rest verbrennt und erzeugt zusätzliche Wärme, die genutzt werden kann. Studien zeigen, dass Pflanzenkohle mit Kompost oder Düngebeimischung (z.B. Gülle) die flüchtigen Komponenten (Gerüche) mindert und das Pflanzenwachstum fördert. Weitere Anwendungen von Pflanzenkohle sind insbesondere die Verwendung als Stadtbaumsubstrat, aber auch als Baustoff oder für Bioplastik.

Regenwasser wird neben der Straße aufgefangen
Das Konzept der klimarobusten Stadt heißt Schwammstadt: Grünflächen und Wasser in der Stadt wirken kühlend gegen Hitze, mindern das Risiko für Schäden durch Starkregen und machen den Lebensraum attraktiver. Aber wie bekommen wir mehr Grün und mehr Wasser in unsere Städte? Die Experten sind sich zumindest darin einig: Für Veränderungen müssen Gelegenheitsfenster genutzt werden und das Ergebnis sollten Multifunktionsflächen sein. Wenn eine Straße oder ein Parkplatz saniert wird, können Bäume daran gepflanzt werden, z.B. in einem Tiefbeet, in dem sich Regenwasser sammeln kann. Wenn Wärmenetze gelegt werden, können Grünstreifen angelegt werden. Wenn ein Gebiet neu oder wieder neu bebaut wird, können Zisternen gebaut und Spielplätze tiefer gelegt werden, um im Fall von Starkregen einen Teil des Wassers aufzunehmen. Bei geringen Wassertiefen genügt auch ein Hinweisschild als Warnhinweis. Manche Straßen sind aber auch Notwasserwege im Fall von Starkregen und müssen für den Abfluss freigehalten werden. Für Grundstückseigentümer wird die Regenwasserversickerung auf dem eigenen Grundstück durch den Wegfall der Kanalnutzungsgebühr attraktiv. Finanzschwache Kommunen können Maßnahmen aus Abwassergebühren finanzieren oder Förderprogramme für Begrünung und Entsiegelung nutzen. Auch Dachflächen sind Nutzflächen: Sie können begrünt werden, dem Regenrückhalt dienen oder mit PV-Anlagen Energie erzeugen - oder sogar mehrere Funktionen auf einmal erfüllen. Besonders in Gewerbegebieten bieten sich oft große Potentiale für Klimaanpassungsmaßnahmen. Um die Firmen zu motivieren, hat sich der Reiz von Vorreiter-Firmen und die Kooperation mit engagierten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern bewährt. So können auch alte Gewerbegebiete wieder attraktiver werden, die Firmen können sich profilieren, die Mitarbeiterbindung steigt und die Kommune profitiert.
Werkzeugkoffer
Bundesförderprogramme
- Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel
Fokus: u.a. lokale Anpassungsmanagerinnen und -manager
www.z-u-g.org/das - Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen
Fokus: Konzepte, Modellvorhaben zur Anpassung in sozialen Einrichtungen
www.z-u-g.org/anpaso - Natürlicher Klimaschutz in Kommunen
Fokus: Grünflächen schaffen, Artenvielfalt im Siedlungsbereich fördern, Entsiegelung
Natürlicher Klimaschutz in Kommunen (444) | KfW - Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Fokus: Stärkung der Biodiversität
Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Förderprogramme Hessen
- Klimarichtlinie
Fokus: Klimaschutz und Klimaanpassung in Kommunen
https://landwirtschaft.hessen.de/klimaschutz/foerderung-klimarichtlinie - Städtebauförderung
Fokus: nachhaltige und klimaresiliente Stadtentwicklung, grün, blau, graue Infrastruktur
https://nachhaltige-stadtentwicklung-hessen.de/ - Extremwetter – Wald
Fokus: Beseitigung von Schäden im Wald nach Extremwetter
https://landwirtschaft.hessen.de/wald/foerderung - Agrarumweltprogramm HALM
Fokus: nachhaltige Landbewirtschaftung
https://landwirtschaft.hessen.de/landwirtschaft/foerderung/agrarumweltprogramm
Nützliche Materialien Hessen
Klimaportal Hessen (Klimadaten Vergangenheit und Zukunft)
Online-Tool Stadtgrün im Klimawandel zur Unterstützung bei der Auswahl klimaresilienter Begrünung (Bäume, Dach- und Fassadenbegrünung) für den Siedlungsraum
Hitzeviewer Hessen
Praxisleitfaden zur Kommunalen Gestaltungssatzung zur Klimaanpassung im Siedlungsbereich
Entscheidungs- und Ausschreibungshilfen für Stadtklimaanalysen
Starkregenviewer Hessen
Checkliste für Klimaangepasste Quartiere in Hessen
Hilfestellung für Kommunen für klimaresiliente Gewerbegebiete
Handlungshilfen für Planung und Planungsrecht
Kommunale Etablierungseinschätzung der Asiatischen Tigermücke (auch für BaWü, RLP und TH verfügbar)
Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl im Wald