Was haben die COVID-19 Pandemie und der Klimawandel miteinander zu tun?
Das Jahr 2020 war geprägt von der Corona-Pandemie. Das Wort „Corona“ wurde sogar zum Wort des Jahres gewählt. Wir alle haben unter den Einschränkungen gelitten, viele Menschen sind erkrankt, viele gestorben. Zu Recht haben wir uns aus Solidarität mit unseren Mitmenschen in vielen Bereichen zurückgehalten. Auch wenn wir schmerzlich unsere Biergärten und Schwimmbäder vermisst haben, unsere Konzerte und Feste, wir hatten keinen Jahrmarkt, keinen Weihnachtsmarkt, … die Welt schien sich ein bisschen langsamer zu drehen.
Gleichzeitig schreitet der Klimawandel immer weiter voran. Im globalen Mittelwert war 2020 das zweitwärmste Jahr; nur 2016 war noch wärmer. Das drittwärmste Jahr war 2019 (Quelle: NOAA). Auch in Hessen war 2020 das zweitwärmste Jahr mit einer Mitteltemperatur von 10,4°C. Hier war das wärmste Jahr 2018. (Quelle: Witterungsbericht Hessen)
Auch wenn wir uns schon fast an die Hitze, an die Trockenheit und an die dazwischen stattfindenden Starkregenereignisse gewöhnt haben: 2020 war das dritte Extremjahr in Folge mit viel Hitze, langanhaltender Trockenheit und heftigen Starkregenereignissen.
Besonders unsere Wälder und die Natur haben sich nicht an den Klimawandel gewöhnt. Nach dem Katastrophenjahr 2018, mit Stürmen, extremer Trockenheit, Hitze und daraus folgend starkem Borkenkäferbefall, haben sich die Bäume noch nicht wieder erholt. Die Jahre 2019 und 2020 waren nicht nass genug um das Grundwasser überall wieder aufzufüllen und die Winter waren nicht kalt genug, damit nur wenige Borkenkäfer überwintern können. Nun sterben nicht nur die Fichten mit ihren flachen Wurzeln ab, sondern sogar die Buchen, die doch eigentlich hier im Zentrum ihres natürlichen Verbreitungsgebietes stehen, leiden zunehmend unter Trockenstress.
Und auch die Menschen sind stark von der Hitze belastet: besonders in den Innenstädten kühlt die Luft auch nachts nicht genug ab um wirklich Erleichterung zu verschaffen. Wenn dann noch Spielplätze und Badeseen gesperrt werden, um kein Gedränge aufkommen zu lassen, dann leiden gerade die Menschen am meisten, die keinen eigenen Garten haben oder in einer schlecht gedämmten Dachwohnung wohnen.
Um den Klimawandel und seine Folgen zu mindern, müssten wir global unsere Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen drastisch verringern.
Schon im Sommer wurde das HLNUG gefragt, ob der fast weltweite Lock-down in Folge der COVID-19 Pandemie einen merklichen Einfluss auf die CO2-Konzentrationen hat. Haben sich die verminderten Emissionen durch die vorübergehende Schließung oder Reduktion vieler Industriebetriebe, den fast komplett eingestellten Flugverkehr und die deutlich reduzierten Autofahrten in den Messungen bereits gezeigt? Im Sommer konnten wir darauf noch keine Antwort geben. Unsere hessischen CO2-Messungen (in Linden und auf der Wasserkuppe) zeigten jedenfalls keine Trends.
Inzwischen gibt es erste Auswertungen der globalen CO2-Emissionen für 2020.
Die Abbildung zeigt, dass in 2020 ca. 7% (= 2,4 Milliarden Tonnen; engl.: Billion=Milliarde) weniger CO2 aus der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Erdgas; dazu gehören auch Kerosin, Benzin und Diesel) emittiert wurde. Das ist die stärkste Reduktion, die bisher je in einem Jahr beobachtet wurde. Aber zeigt sich das in den globalen Konzentrationen? Und hilft es uns gegen den Klimawandel?
Leider lautet die Antwort auf die erste Frage: nein. Die globale CO2-Konzentration, gemessen auf dem Observatorium Mauna Loa auf Hawaii (s. Gesamtmessreihe NOAA), zeigt leider nur den ganz normalen Jahresgang, wie in allen anderen Jahren auch. Der Anstieg ist ungebrochen.
Aber warum sehen wir keinen Einschnitt, kein Abflachen der Kurve? Trotz der 7% weniger Emissionen durch den Lock-down?
Die Antwort ist bitter: Im Jahr 2020 haben weltweit so viele Wälder gebrannt (in Erinnerung sind sicherlich die Großbrände in Kalifornien, aber auch in Griechenland, Brasilien und vielen anderen Ländern gab es enorme Waldbrände), dass das dadurch freigesetzte CO2 die Reduktionen bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas wieder aufgefüllt hat. Das Ausmaß der Brände zeigt, wie dramatisch die Situation für die Wälder weltweit schon heute ist. Und dass inzwischen die Folgen des Klimawandels selber zur Ursache für noch mehr Klimawandel werden können. Die globale CO2-Konzentration ist die Summe aus vielen verschiedenen Prozessen. Die amerikanische Behörde NOAA (National Ocean and Atmosphere Administration, Bundesbehörde für Ozean und Atmosphäre), die diese Messungen durchführt und publiziert, schreibt in einem Bericht, dass eine Reduktion mindestens 20-30% betragen müsste, um sie in den großen Jahresschwankungen der Kurve zu identifizieren (Quelle: NOAA).
Hinzu kommt, dass CO2 enorm lange in der Atmosphäre verbleibt. Es dauert zwischen 100 und über 1.000 Jahre, bis ein einmal emittiertes CO2-Molekül auf natürliche Art wieder aus der Atmosphäre entfernt ist. Es kann entweder in Vegetation umgesetzt werden (das sind die 100 Jahre), oder durch die natürliche Verwitterung von Gestein zerfallen (das sind die 1.000 oder mehr Jahre). Solange wir also weiter CO2 emittieren, wird sich dies auch in der Atmosphäre (und zum Teil im Ozean) anreichern. Das Corona-Motto „Flatten the curve“ („Die Kurve abflachen“) könnte und müsste auch auf die CO2-Kurve angewendet werden.
Noch Ende 2018 erschien die Wahrscheinlichkeit, dass auf das Extremjahr 2018 direkt zwei weitere dramatisch zu warme und vor allem zu trockene Jahre folgen würden, gering. Aber die Natur hat uns gezeigt, dass auch drei so heiße und trockene Jahre in Folge inzwischen durchaus vorkommen können. Wir müssen uns darauf einstellen. Wenn wir die Kurve der CO2-Konzentrationen nicht abflachen können, dann werden solche Jahre in Zukunft zwar nicht jedes Jahr, aber doch zunehmend häufiger auftreten. Die vergangenen drei Jahre haben uns deutlich gezeigt, welche Schäden der Klimawandel schon jetzt verursachen kann. Auch bei uns in Hessen.