Bestimmung radioaktiver Stoffe
Das HLNUG verfügt über moderne radioanalytische Messeinrichtungen, in denen Proben aus den verschiedenen Aufgabenbereichen des Strahlenschutzes untersucht werden. Die hier ermittelten Messergebnisse werden zur Bewertung der radiologischen Situation in Hessen und der Einhaltung von Grenzwerten in allen Bereichen des Strahlenschutzes herangezogen.
Dabei werden insbesondere Proben aus folgenden Aufgabenbereichen analysiert:
- Überwachung der Umweltradioaktivität nach Strahlenschutzgesetz
- Überwachung kerntechnischer Anlagen
- Sachverständigenprüfungen im Auftrag der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden
- Betriebsüberwachung der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle des Landes Hessen und Charakterisierung von Abfällen zur Vorbereitung auf eine Endlagerung
- Besondere Vorkommnisse mit radioaktiven Stoffen sowie Sicherstellungen von Fundstücken mit radioaktiven Inhalten
Die untersuchten Proben stammen aus den Medienbereichen
- Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, z.B. Obst, Gemüse, Getreide, Kartoffeln
- Lebensmittel tierischer Herkunft, z.B. Milch, Milchprodukte, Fleisch, Geflügel, Fisch
- Futtermittel, z.B. Weide- und Wiesenbewuchs, Futtergetreide
- Trink- und Grundwasser
- Oberflächenwasser, Sediment, Schwebstoffe
- Niederschlag
- Abwasser, Klärschlamm, Kompost
- Deponiesickerwasser, Reststoffe aus Verbrennungsanlagen
- Boden
- sonstige Materialien, z.B. Wischproben, Luftfilter, Bauschutt, Metalle, Schlämme, Gegenstände.
Welches Analyse- und Messverfahren eingesetzt wird, ist abhängig von
- der Art der radioaktiven Strahlung
- dem Gehalt des radioaktiven Stoffes in der Probe und
- der Art der Probe.
Probenaufbereitung
Alle Proben, die auf Strahlung untersucht werden sollen, müssen vor einer Messung mehr oder weniger aufwendig aufbereitet werden.
Je nach Probenmaterial und Bestimmungsmethode kommen dabei verschiedene Aufbereitungsschritte zum Zerkleinern, Mischen, Trocknen, Veraschen, Einengen oder Destillieren zur Anwendung.
Dementsprechend verfügt der Arbeitsbereich über eine umfangreiche Ausstattung mit Trocknungs- und Veraschungsöfen, verschiedenen Mühlen und Häckslern, Rotationsverdampfern und Destillierapparaturen.
Gammaspektrometrie
Mit einem Gammaspektrometrie-Messsystem können Proben hinsichtlich der von ihnen ausgesendeten Gammastrahlung untersucht werden.
Misst man die Energie dieser Gammastrahlung mit einem hochauflösenden Gammaspektrometer, kann das verursachende Radionuklid ermittelt werden.
Durch Verwendung von festgelegten und geprüften Probengeometrien ist eine Bestimmung der zugehörigen Aktivitäten möglich.
Dieses Messverfahren eignet sich zur gleichzeitigen Bestimmung einer großen Anzahl von Radionukliden.
In situ Gammaspektrometrie
Die in situ Gammaspektrometrie ist eine besondere Form dieses Messprinzips. Hier wird nicht das Probenmaterial ins Labor gebracht, sondern ein speziell für Vor-Ort Messungen ausgestattetes, mobiles Gammaspektrometrie- System eingesetzt.
Solch ein tragbares System ist mit mobiler Spannungsversorgung und Funktechnik ausgestattet. Es ermöglicht, in kurzer Zeit eine Aussage über am Ort der Messung vorhandene Radionuklide zu treffen.
Mit diesen Systemen werden regelmäßige Bestimmungen der Radionuklide durchgeführt, die sich in der Umwelt auf dem Boden abgelagert haben und in den oberen Bodenschichten befinden.
Alphaspektrometrie
Mit Hilfe der Alphaspektrometrie können Radionuklide, die Alphateilchen aussenden, untersucht werden. Die Energie von Alphateilchen ist charakteristisch für das Radionuklid, welches die Strahlung aussendet.
Wegen der geringen Reichweite von Alphateilchen in Materie (max. 0,1 mm) ist, im Gegensatz zur Gammaspektrometrie, vor der Messung eine aufwendige Probenaufbereitung erforderlich. Hierzu gehört der Aufschluss des Probenmaterials mit anschließender chemisch analytischer Trennung der zu bestimmenden radioaktiven Elemente.
Zur Messung werden diese elektrolytisch auf einem Stahlplättchen abgeschieden. Das so hergestellte Messpräparat wird dann in einer Messkammer mittels eines Silizium-Detektors alphaspektrometrisch gemessen.
Strontiumanalytik
Bei der Strontiumanalytik wird der Aktivitätsgehalt der beiden Radionuklide Strontium-89 und Strontium-90 im Probenmaterial bestimmt.
Bei beiden Radionukliden handelt es sich um Betastrahler. Um diese messen zu können, müssen sie zunächst aus dem Probenmaterial herausgelöst werden. Hierzu ist bei Feststoffproben eine Veraschung des Probenmaterials erforderlich, um anschließend die Asche chemisch aufschließen zu können. Anschließend werden durch verschiedene chemische Trennverfahren alle nicht erwünschten Elemente entfernt.
Die Messung der einzelnen Strontium-Radionuklide kann nach Herstellung von Messpräparaten mittels Low-Level-Beta-Messungen oder durch Flüssig-Szintillations-Messungen erfolgen.
Flüssig-Szintillations-Messung
Die Flüssig-Szintillations-Messtechnik wird in erster Linie zur Messung von niederenergetischen, Beta-strahlenden Radionukliden verwendet.
Bei diesem Messverfahren wird das Probenmaterial nach entsprechender Probenvorbereitung mit einer speziellen Szintillationsflüssigkeit, dem sogenannten Cocktail, gemischt. Die durch die Probe ausgesandte Betastrahlung führt im Szintillationscocktail zur Aussendung von Lichtimpulsen, die in elektrische Impulse umgewandelt werden. Diese werden energieabhängig mit Hilfe einer Software ausgewertet.
Dieses Messverfahren lässt sich in der Regel nur auf Einzelnuklide anwenden und ist sehr empfindlich gegenüber Probenverunreinigungen bzw. chemischen oder farblichen Veränderungen in der Messlösung.
Messung der Gesamtalpha- und Gesamtbeta-Aktivität
Die gleichzeitige Bestimmung der Gesamtalpha- und Gesamtbeta-Aktivität von Proben wird mit Low-Level-Alpha/Beta-Schälchenmessplätzen durchgeführt. Diese Messplätze sind zur Messung von flachen Proben wie beispielsweise Wischproben oder Filter geeignet.
Da bis zu 10 Proben gleichzeitig gemessen werden können, ist in kurzer Zeit eine Aussage über die gesamte Alpha- bzw. Beta-Aktivität in vielen Proben möglich.
Will man Informationen über das oder die verursachenden Radionuklide erhalten, muss man andere geeignete Messverfahren anwenden.
Mobile Messtechnik
Als Grundlage für die Gutachtenerstellung beim Umgang mit radioaktiven Stoffen sind oft umfangreiche Messungen vor Ort erforderlich. Sie dienen der Erfassung und Bestimmung von Strahlenfeldern und Kontaminationen, die von radioaktiven Stoffen verursacht werden sowie der Aktivitäts- und Radionuklidbestimmung der radioaktiven Stoffe.
Das HLNUG ist dafür mit umfangreicher mobiler Messtechnik ausgestattet. Hierzu zählen Ortsdosis- und Dosisleistungsmessgeräte zur Ermittlung äußerer Strahlenfelder, verursacht durch Beta-/ Gamma- und Neutronenstrahlen radioaktiver Stoffe. Zur Bestimmung von Kontaminationen sind spezielle Kontaminationsmonitore für Alpha- und Beta/Gamma-strahlender Radionuklide vorhanden. Hochauflösende Detektoren erlauben den Sachverständigen des HLNUG eine Radionuklidbestimmung mit Aktivitätsangabe des verursachenden radioaktiven Stoffes.
Auch bei Zwischenfällen mit radioaktiven Stoffen kommen diese Messgeräte zum Einsatz. Dabei ist es möglich, die Messgeräte mit speziellen Adaptern mit einem Fernmanipulator zu verbinden, der sie dann ohne Gefahr für Personen zum Ort der Messung bringen kann