Auswirkungen von Dürren auf die Umwelt
Auswirkungen von Dürren werden für folgende Bereiche betrachtet:
Auswirkungen auf die Gewässerökologie
Steigende Wassertemperaturen
Fische und Fischnährtiere benötigen zum Überleben eine Mindestkonzentration von gelöstem Sauerstoff im Wasser. Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs nimmt jedoch mit steigenden Wassertemperaturen ab. In kühlen, sauerstoffreichen Oberläufen und Quellen leben vor allem temperatur- und sauerstoffsensible Arten: Diese können durch steigende Temperaturen verdrängt werden; eine Abnahme der Populationsdichten ist wahrscheinlich. In den größeren Fließgewässern in Hessen werden bei hohen Wassertemperaturen und damit sinkenden Sauerstoffgehalten - auch auf Grund der stärkeren Nutzung (Wehre, Wasserkraft) - wahrscheinlich die größeren Probleme auftreten. Für empfindliche Arten der Äschen- und Barbenregion ist beispielsweise mit häufigeren Stressphasen in Hitzesommern zu rechnen. Auch hier werden anspruchsvolle Arten durch weit verbreitete Generalisten verdrängt; eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes nach der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) kann eintreten.
Austrocknung von Habitaten
Insbesondere die Quellregionen und Oberläufe der Bäche und Niederungsfließgewässer im hessischen Ried können häufiger trockenfallen. Für den dann erforderlichen Rückzug der Fische und Fischnährtiere ist es wichtig, dass – ähnlich wie bei höheren Abflüssen – durch naturnahe Strukturen entsprechende Habitate (z.B. Kolke, große Tiefen- und Breitenvarianz) vorhanden sind. Für die spätere Wiederbesiedlung ausgetrockneter Abschnitte ist es wichtig, dass die Durchwanderbarkeit nicht durch Wehre und andere Wanderhindernisse verhindert wird.
Hitzeperioden, wie z.B. der Sommer 2018 bedeuten zudem Dauerstress. Besonders bei den Fischen ist die Anfälligkeit für Krankheiten erhöht.
Zeitlich Verschiebung des Abflussgeschehens und die zeitlich frühere Erwärmung der Wassertemperatur
In zunehmend milderen Wintern fehlen entwicklungsphysiologisch wichtige „Kältereize“. So kann es durch die Desynchronisation der Entwicklungsprozesse der Gewässerorganismen, wie z.B. Verschiebung von Laich- und Schlupfzeitpunkten zu einer Veränderung in der aquatischen Lebensgemeinschaft kommen.
Auswirkungen auf die Fließgewässer
Zunächst fallen bei zurückgehenden Abflüssen auch die Wasserstände. Dadurch wird der Lebensraum für aquatische Organismen eingeschränkt. In Schiffbaren Gewässern gehen die Transportkapazitäten durch zurückgehende Ablademöglichkeiten zurück bis hin zur Einstellung der Schifffahrt. Durch geringere Abflüsse werden Abwasseranteile und Schadstoffe in den Gewässern weniger verdünnt und treten in höheren Konzentrationen auf.
Wasserkraftwerke können entsprechend den geringeren Abflüssen oder Fallhöhen weniger Energie erzeugen. Thermische Kraftwerke müssen ggf. ihre Leistung verringern, um mit ihren Abwärmeeinleitungen die Gewässer nicht zu stark aufzuheizen.
Auswirkungen auf den Boden
Auswirkungen auf den Lebensraum Boden
In feuchten und gut belüfteten Böden leben unzählig viele Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen. Dazu zählen Würmer, Käfer und Ameisen aber auch Wirbeltiere wie der Maulwurf. Als sogenannte Makroorganismen sind sie Primärzersetzer der abgestorbenen Pflanzenreste und tragen durch ihre Wühltätigkeiten zu einem guten Bodengefüge bei. Wichtige Bodenorganismen sind auch Algen, Pilzen und Bakterien – die Mikroorganismen. Sie zersetzen die Reste der Primärzersetzung und die abgestorbenen Pflanzenreste zu Humus (Humifizierung) und anorganische Nährstoffe für Pflanzen (Mineralisierung), binden Stickstoff aus der Luft, und unterstützen so die Nährstoffversorgung von Pflanzen. Daher sind sie wichtige Komponenten des Bodens. Anhaltende Trockenheit im Boden führt zu einer Minderung der Aktivität dieser Lebewesen und kann zu einer Verschiebung der Artengruppen oder bei extremer Trockenheit sogar zu ihrem Absterben führen. Die Bodenlebwesen stabilisieren auch das Bodengefüge, indem sie zu Bildung von Ton-Humus-Komplexen beitragen. Diese und weitere Ausscheidungen der Organismen (Musilage) erhöhen wiederrum die Wasseraufnahmefähigkeit von Böden und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Landschaftswasserhaushalt. Die Beispiele zeigen, dass infolge der veränderten Biodiversität im Boden die Bodeneigenschaften negativ beeinflusst werden können, die z.B. für die Pflanzenproduktion relevant sind. Die bisherige Annahme war, dass diese Mikroorganismengemeinschaften sich bei einer Wiedervernässung schnell erholen. Neuere Studien1 zeigen allerdings, dass dies nicht der Fall sein muss und die Gemeinschaften sich nachhaltig verändern können.
1 de Vries, de Vries, F.T., Griffiths, R.I., Bailey, M. et al. (2018): Soil bacterial networks are less stable under drought than fungal networks. Nature Communications 9, 3033. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-018-05516-7)
Auswirkungen auf den Bodenwasserhaushalt und die Folgen
Länger anhaltende Trockenheit kann zu tiefreichender Austrocknung des Bodens führen. Die Folge ist ein geringeres Angebot pflanzenverfügbaren Wassers (nutzbare Feldkapazität, nFK) im Wurzelraum. Bei weniger als 30 % nFK kommt es zu Trockenstress bei Pflanzen. Dies kann während der Vegetationsperiode zu Trockenschäden führen und möglichen Ertragseinbußen in der Land- und Forstwirtschaft zur Folge haben. Zudem treten während länger anhaltender Trockenperioden Schrumpfungsrisse in tonigen Böden auf. Kommt es zu erneuten Niederschlägen, kann dieses Wasser rasch und relativ ungefiltert in das Grundwasser gelangen und dabei Nähr- und Schadstoffe transportieren. Andererseits neigen ausgetrocknete Böden bei kurzen und sehr intensiven Regenereignissen zur Verschlämmung. Im Gegensatz zu durchfeuchteten Böden kann dann nur wenig Wasser während eines Starkregens aufgenommen werden. Dadurch steigt die Gefahr von Oberflächenabfluss und von Bodenerosion deutlich an. Darüber hinaus führt anhaltende Trockenheit zum Rückgang oder zum völligen Erliegen der Sickerwassermengen in Böden. Dies führt zu deutlich geringeren Grundwasserneubildungsraten.
Beeinflussung der Kühlleistung von Böden in der Stadt
In stadtnahen oder städtischen Gebieten tragen unversiegelte, begrünte Flächen durch die Verdunstung von Wasser durch Pflanzen und Boden zur lokalen Abkühlung bei. Die Kühlleistung ist jedoch vom verfügbaren Bodenwasser abhängig, das bei anhaltender Trockenheit geringer wird und dadurch eine Abnahme der Kühlleistung bedingt. Durch Verdichtung, höhere Grobbodenanteile und Versiegelung weisen Stadtböden meist schon ein eher geringes Wasserspeicherungsvermögen auf, das bei anhaltender Trockenheit schnell erschöpft ist. Die Folgen sind vor allem in warmen, tropischen Nächten zu spüren, in denen die innerstädtischen Bereiche deutlich schlechter abkühlen. Um im Sommer einen Hitzestau in Städten zu vermeiden ist es deshalb unter anderem wichtig, in den Städten funktionsfähige Böden zu erhalten oder wiederherzustellen.
Auswirkungen auf die Geologie
In weiten Teilen von Hessen stehen oberflächennah Böden oder geologische Schichten an, die ein hohes Maß an organischen oder feinkörnigen Bestandteilen (meist Ton, Schluff oder Lehm) besitzen, wie u. a. feinkörnige Auensedimente, tertiäre Tone, Verwitterungsprodukte, Torfe oder Mudden, sowie Lösslehm. Diese Einheiten bilden die sogenannten setzungsempfindlichen Schichten aus. Setzungsempfindliche Schichten besitzen die Eigenschaft bei einer Änderung des Wassergehaltes stark das Volumen zu verändern. Bei einer Zunahme des Wassergehaltes kommt es zu einer Quellung der Schichten, so dass eine Hebung der Geländeoberfläche die Folge sein können. Reduziert sich der Wassergehalt hingegen, fangen die Schichten an zu Schrumpfen. Als Folgen dieser Schrumpfungen sind Setzungen an der Erdoberfläche möglich, die Schäden an Bauwerken verursachen können. Gerade die quellfähigen Tone reagieren besonders stark auf eine Änderung des Wassergehaltes. Je mächtiger und höher der Anteil der Tone ist, desto gravierender können die Setzungen an der Geländeoberfläche ausfallen. Bei geotechnischen Schrumpfversuchen unter Laborbedingungen wurden nicht selten Volumenreduzierungen von mehr als 50% festgestellt.
Auswirkungen von anhaltender Trockenheit auf die setzungsempfindlichen Schichten
Bei einer länger anhaltenden Trockenheit können tiefreichende Austrocknungen von Böden und geologischen Schichten eintreten. Setzen sich diese Schichten aus den beschriebenen setzungsempfindlichen Schichten zusammen, sind Setzungen an der Geländeoberfläche die Folge. Meist eher unproblematisch ist dies, wenn die Setzungen unterhalb eines Bauwerkes gleichmäßig stattfinden. Kritisch wird es jedoch, wenn die Setzungen ungleichmäßig sind. Dies kann z. B. passieren, wenn unter einem Bauwerk an der einen Seite setzungsempfindliche Schichten und an der anderen Seite ein fester Boden vorhanden sind. In diesem Fall kann es zu einem „Zerreißen“ des Gebäudes durch ungleiche Setzungen kommen.
Gerade in den letzten Jahren haben sich die Meldungen über Setzungsschäden an Gebäuden oder Infrastrukturen in Hessen gehäuft.
Auswirkungen auf das Grundwasser
In Zeiten niedriger Grundwasserstände konnten in Hessen in der Vergangenheit unterschiedliche Auswirkungen beobachtet werden. So können niedrige Grundwasserstände zu lokalen Engpässen in der Wasserversorgung führen und grundwasserabhängige Biotope und Feuchtgebiete schädigen. Bei sehr niedrigen Grundwasserständen können Setzrissschäden an Gebäuden und Verkehrsinfrastruktur eintreten und in der Landwirtschaft können flache Beregnungsbrunnen trockenfallen. Darüber hinaus führen Fließgewässer, die aus dem Grundwasser gespeist werden, früher Niedrigwasser, was wiederum Auswirkungen auf die Gewässerökologie haben kann. Kleinere Gewässer können im Spätsommer sogar ganz trockenfallen. Im wasserwirtschaftlich bedeutsamen Hessischen Ried, wo eine intensive Grundwasserbewirtschaftung stattfindet, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu grundwasserverbundenen Nutzungskonflikten zwischen der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, dem Naturschutz, dem Siedlungswesen und der Wasserversorgung.
Trockenperioden mit niedrige Grundwasserstände hat es immer wieder gegeben. Ausgeprägte Trockenperioden treten zyklisch etwa alle 10-20 Jahre auf, beispielsweise in den 70er und 90er Jahren.
Auswirkungen von Trockenperioden auf die Wasserversorgung
Infolge der wärmeren und trockeneren Sommer ist zukünftig mit rückläufigen Quellschüttungen zu rechnen. Dies könnte zur Folge haben, dass die auf örtlichen Gewinnungsanlagen beruhende, dezentrale Trinkwasserversorgung durch Quellwässer oder Flachbrunnen in den Mittelgebirgen während der Sommermonate zunehmend gefährdet ist.
Für die Trinkwasserversorgung ist neben dem zukünftigen Wasserdargebot die Entwicklung des zukünftigen Wasserbedarfs von Bedeutung. Infolge der zukünftig wärmeren und trockeneren Sommer ist mit einem weiteren Anstieg des Spitzenwasserbedarfs zu rechnen.
Die maßgeblichen Einflussgrößen für den mittleren Wasserbedarf (Grundlast) sind die demographische Entwicklung und die Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs. Der Pro-Kopf-Verbrauch wird wiederum durch das Verbraucherverhalten und den technologischen Fortschritt bestimmt. Das heißt, dass der jährliche bzw. mittlere Wasserbedarf stärker von der Bevölkerungsentwicklung und dem Pro-Kopf-Verbrauch als vom Klimawandel beeinflusst wird.
Aktuell beobachten wir ein starkes Bevölkerungswachstum in den Kernräumen der Rhein-Main-Region. Sollte dieser Trend andauern, ist von einer Zunahme des mittleren Wasserbedarfs auszugehen. Auch ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Beregnungswasser in der Landwirtschaft infolge trockenerer und wärmerer Sommer sowie verlängerter Vegetationsperioden weiter deutlich zunehmen wird. Der erhebliche Mehrbedarf an Beregnungswasser kann eine direkte Konkurrenzsituation zwischen der Trinkwasserversorgung einerseits und landwirtschaftlicher Beregnung andererseits bewirken.