Umweltindikatoren Hessen
Säure- und Stickstoffeintrag
- Säure- und Stickstoffeintrag aus der Atmosphäre durch nasse Deposition auf Freiflächen im Wald [keq*ha-1*a-1 und kg*ha-1*a-1] [1]
Bedeutung
Ein Überangebot an säurebildenden Stoffen und Nährstoffen verursacht Veränderungen chemischer und biologischer Bodenparameter, die u. a. Vegetation und Grundwasser beeinflussen und zur Destabilisierung empfindlicher Ökosysteme führen können. Ursache dieser schleichend fortschreitenden Prozesse "Versauerung und Eutrophierung" sind im wesentlichen Nitrat-, Ammonium- und Sulfateinträge über die Atmosphäre in den Boden. Eutrophierung bewirkt z. B., dass seltene spezialisierte Pflanzenarten, die nur auf nährstoffarmen Standorten konkurrenzfähig sind, von nitrophilen Arten verdrängt werden. Biotope wie Magerrasen und Moore mit ihren einmaligen Pflanzen- und Tiergesellschaften, aber auch Wasser- und Klimaschutzfunktionen sind so gefährdet. Die durch Versauerung bedingten Veränderungen in Böden betreffen deren chemische Eigenschaften und ihre Leistungsfähigkeit zur Schadstoffaufnahme und können zu Schäden an Mikrofauna und Vegetation führen.
Schwefeldioxid als Vorstufe von Sulfat stammt überwiegend aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Ammonium entsteht aus Ammoniak, das z. B. als Folge der Tierhaltung (u. a. Gülle) freigesetzt wird. Nitrat wird in der Atmosphäre aus Stickstoffoxid-Emissionen verschiedener Quellen, vor allem des Kfz-Verkehrs, gebildet.
Definition
Der Indikator wird auf der Basis sogenannter bulk- und wet only-Messungen an insgesamt ca. 50 - 60 Freiflächen im Wald ermittelt und gibt angesichts der Charakteristik der ausgewerteten Messstationen die Hintergrundbelastung durch Säure - und Stickstoffeinträge auf Freiflächen im Wald wieder. Die nasse Deposition ist eine Teilmenge der Gesamtdeposition und wird mittels geeigneter Faktoren aus der bulk Deposition abgeschätzt.
Der Säureeintrag ergibt sich aus der Summe der potentiell versauernden Komponenten (SO4-S + NO3-N + NH4-N) nach folgender Formel (nach Gauger et al. (1997)):
keq*ha-1*a-1 = (SO42- [kg*ha-1*a-1] * 0,021)+(NH4+ [kg*ha-1*a-1] * 0,055)+(NO3- [kg*ha-1*a-1] * 0,016)
Dieser Indikator ist eine praktikable Näherung. Die Ermittlung der tatsächlichen Säureeinträge erfordert darüber hinaus die Berücksichtigung puffernd wirkender Komponenten wie Ca2+, Mg2+ und K+.
Für den Stickstoffeintrag wird jeweils aus dem Ammonium- und Nitrateintrag der Elementeintrag berechnet:
kg N*ha-1*a-1 = NH4+ [kg*ha-1*a-1] * 0,777+NO3- [kg*ha-1*a-1] * 0,226
Dieser Indikator berücksichtigt nur die anorganischen Stickstoffverbindungen.
Die Gesamtdeposition liegt in Waldgebieten erheblich über den Einträgen im Freiland (siehe dazu z. B. "Vorbelastungsdatensatz Stickstoff" des UBA nach TA Luft). Die Säure- und Stickstoffeinträge sind auf den Freiflächen im Wald aber im Durchschnitt etwa ein Drittel niedriger als auf den Bestandsflächen und damit annähernd mit den Verhältnissen im Freiland vergleichbar. Beide Indikatoren werden als Mittelwert aller Messstellen berechnet. Bei der Interpretation von Jahreszeitreihen sollten immer mögliche Änderungen in der Zusammensetzung der Messstandorte berücksichtigt werden.
Datenquelle
Es werden die Daten zur Säure- und Stickstoffdeposition aus dem forstlichen Umweltmonitoring (Level II-Flächen, Freiflächen) verwendet. Die Daten werden zentral vom Thünen-Institut für Waldökosysteme zur Verfügung gestellt.
[1] Dieser Indikator gehört zu einem gemeinsamen Satz von 25 umweltspezifischen Nachhaltigkeitsindikatoren (Umweltindikatoren) des Bundes und der Länder, der erstmals im Jahr 2004 von der Umweltministerkonferenz (UMK) beschlossen wurde. Die Länderinitiative Kernindikatoren (LiKi) kümmert sich um die Entwicklung, Pflege und Dokumentation dieser Indikatoren.