Wiesbaden, 23.05.2024 – Die Vorstellung, dass sich die Erde unter ihren Füßen bewegt, ist für die meisten Menschen beunruhigend. Dabei kommt das gar nicht so selten vor, wie der heute veröffentlichte Jahresbericht des Hessischen Erdbebendienstes (HED) zeigt: Im vergangenen Jahr wurden 142 natürliche seismische Ereignisse in Hessen registriert und manuell ausgewertet. Darüber hinaus erfasste die automatische Erdbebenerkennung einige hundert weitere Ereignisse, die jedoch genauer untersucht und gefiltert wurden, um nicht-natürliche Beben wie zum Beispiel Steinbruchsprengungen und auch ferne Beben auszuschließen. Der Jahresbericht dokumentiert die seismischen Aktivitäten in Hessen und liefert – bereits zum achten Mal – wertvolle Erkenntnisse über Erdbebenereignisse im vergangenen Jahr 2023. Der Bericht zeigt: Schwächere Erdbeben, die zwar keine Schäden verursachen, aber spürbar sind, kommen in Hessen durchaus mehrmals im Jahr vor.
Im Jahr 2023 sticht ein Ereignis besonders heraus, nämlich das Erdbeben vom 10. September 2023 bei Pfungstadt: Das Beben mit einer Lokalmagnitude von ML = 3,1 wurde von vielen Menschen in der Region wahrgenommen und führte zu über 130 ausgefüllten Fragebögen, die zur Bewertung der makroseismischen Auswirkungen beitrugen. Die Intensität dieses Erdbebens wurde auf den Stärkegrad IV nach der Europäischen makroseismischen Skala festgesetzt. Glücklicherweise sind dem HED keine größeren Schäden bekannt geworden. Die detaillierte Karte der erfassten Erdbeben und eine Zusammenfassung der makroseismischen Auswertung des Pfungstadt-Ereignisses sind im Jahresbericht enthalten.
Neben Pfungstadt verzeichnete im Jahr 2023 die Region an der Grenze zu Rheinland-Pfalz östlich von Bad Schwalbach eine hohe seismische Aktivität mit insgesamt 71 Erdbeben, die eine Maximalmagnitude von ML = 2,2 erreichten. Diese Region ist seit mehreren Jahren für ihre erhöhte seismische Aktivität bekannt. Weitere Erdbeben wurden im Oberrheingraben, im Mittelrheintal, im Odenwald und im Hintertaunus lokalisiert.
Der vollständige Jahresbericht 2023 des Hessischen Erdbebendienstes steht auf der Webseite des HLNUG zur Verfügung.
Hintergrund
Der Hessische Erdbebendienst (HED) wird vom HLNUG seit dem Jahr 2001 betrieben. Zu den Aufgaben des HED gehören Auskünfte und Erläuterungen zu Erdbeben in Hessen (geologische Zusammenhänge und Ursachen, Messung, Wahrnehmung, Schadenswirkung und Gefährdung), Auskünfte und Beratung in Fragen der Erdbebensicherheit und der Erdbebenbauvorschriften (DIN 4149 bzw. DIN EN 1998-1) sowie in Schadensfällen, in denen ein Zusammenhang mit Erdbeben besteht oder vermutet wird. Grundlegende Aufgaben sind das Messen, die Datenerfassung und die Bereitstellung von Ergebnissen zu Erdbeben in Hessen über die Webseiten des HLNUG. Die Information zu Erdbeben erfolgt immer im Nachgang, eine Vorhersage von Erdbeben ist nicht möglich.
In Hessen treten pro Jahr statistisch gesehen mehrere mäßig starke Erdbeben auf, die örtlich von der Bevölkerung wahrgenommen werden können. Im Durchschnitt sind 1-2-mal pro Jahr Erdbeben mit einer Magnitude von 3,0 bis 3,9 zu verzeichnen (bzw. 15-mal pro Jahr für eine Magnitude von 2,0 bis 2,9). Etwa einmal in zehn Jahren ist in Hessen mit einem mittelstarken Beben zu rechnen, das zu Gebäudeschäden und Betriebsstörungen führen kann. Mit schweren Erdbeben ist in Hessen kaum zu rechnen. Dort, wo schwache Beben auftreten, kann auch auf das potenzielle Auftreten stärkerer Ereignisse geschlossen werden. Schwache Beben sind sehr viel häufiger und lassen deshalb besonders gefährdete Gebiete erkennen.
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