Wiesbaden, 05.11.2024 – Wohin mit den hochradioaktiven Abfällen in Deutschland? Die Suche nach einem sicheren Endlagerstandort für eben diese hochradioaktiven Abfälle schreitet voran - die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) veröffentlicht Arbeitsstände aus ihren vorläufigen repräsentativen Sicherheitsuntersuchungen mit dem Ziel, im Jahre 2027 mehrere Standortregionen, die eine bestmögliche Sicherheit erwarten lassen, vorzuschlagen. Bereits seit 2020 konzentrierte sich die Suche in Hessen nur noch auf Teilgebiete in Süd- und Nordosthessen. Gestern gab die BGE auch für Nordhessen weitere voraussichtlich ungeeignete Gebiete bekannt. Der geologische Landesdienst im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) begleitet den Suchprozess.
Standortregionen in Hessen weiterhin möglich
Mit dem am 4. November 2024 veröffentlichten „BGE Endlagersuche Navigator“ können die Zwischenergebnisse des Auswahlprozesses in einer interaktiven Karte abgerufen werden. Auf dieser Karte sind die Bereiche von Teilgebieten dargestellt, welche den ersten und teilweise zweiten von 4 Prüfschritten nicht bestanden haben. Gebiete dieser Kategorien D und C sind demnach für das weitere Verfahren voraussichtlich ungeeignet. In Hessen wurden zwei Bereiche in die Kategorie D und somit als voraussichtlich ungeeignet eingestuft: Der Großteil des hessischen Anteils am Teilgebiet Solling-Becken (078_04TG_197_04IG_S_f_z) nördlich von Kassel sowie zwei südöstlich von Eschwege liegende Teilbereiche des Teilgebietes Thüringer Becken (078_02TG_197_02IG_S_f_z).
Für die hessischen Anteile weiterer Teilgebiete ist noch keine Einordnung erfolgt. Hierbei handelt es sich um das Werra-Fulda-Becken (078_03TG_197_03IG_S_f_z) in Osthessen, die Mitteldeutsche Kristallinzone (010_00TG_193_00IG_K_g_MKZ) in Südosthessen und die Nördliche Phyllitzone (014_00TG199_00IG_K_g_NPZ) in Südhessen. Die noch nicht eingeordneten Gebiete werden bis 2027 durch Prüfschritte mit steigenden Sicherheitsanforderungen in verschiedene Kategorien von D (ungeeignet) bis A (beste Eignung) unterteilt. Mit der Veröffentlichung der Zwischenstände kommen derzeit noch ca. 44 % der Fläche Deutschlands für einen Endlagerstandort in Frage. Die genaue Verteilung dieser bis dato qualitätsgesicherten Zwischenstände der C- und D-Gebiete ist dem „BGE Endlagersuche Navigator“ zu entnehmen. Dort sind ebenfalls ergänzende Informationen der BGE hinterlegt. Zudem bot die BGE am 4. November 2024 eine Informationsveranstaltung an, um die Öffentlichkeit über den schrittweisen Suchprozess und die Anwendung des Navigators zu informieren, deren Aufzeichnung auch bei YouTube verfügbar ist.
Die BGE weist darauf hin, dass die Zwischenergebnisse nicht verbindlich sind, sondern sich im Laufe der weiteren Arbeiten noch ändern können, beispielsweise durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Erst 2027 wird die BGE abschließende Vorschläge für Standortregionen zur übertägigen Erkundung vorlegen, die vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) geprüft und schließlich dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt werden (bge.de).
Das HLNUG begleitet das Suchverfahren mit geologischen Daten und Stellungnahmen für Hessen
Der geologische Landesdienst im HLNUG begleitet den gesamten Prozess und stellte bisher etwa 500.000 für das Verfahren notwendige geologische Daten bereit. Zudem hat das HLNUG seit 2017 knapp 300 Stellungnahmen zu den geologischen Standortbedingungen für Bohrvorhaben ab 100 m für ganz Hessen und ab 2020 für die hessischen Teilgebiete verfasst. Mithilfe dieser Stellungnahmen holen die hessischen Genehmigungsbehörden das erforderliche Einvernehmen zur Durchführung von solchen Bohrungen in den Teilgebieten beim BASE ein. Fachliche Stellungnahmen und Bewertungen zu Berichten der BGE für die hessische Politik und die hessischen Behörden liegen ebenfalls im Aufgabenbereich des HLNUG.
Hintergrund
Seit 2017 wird die Standortsuche nach dem Standortauswahlgesetz (StandAG) durchgeführt und soll den Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für die Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle ermitteln. Geeignete Gesteinsarten für die Endlagerung sind kristalline Wirtsgesteine (z. B. Granit), Tongestein und Steinsalz.
Die BGE ist als Vorhabenträgerin im Auftrag des Bundes für die Suche nach dem Standort zuständig. Der Prozess ist in drei Phasen unterteilt: „Ermittlung von Standortregionen“ (Phase I), „übertägige Erkundung“ (Phase II) und „untertägige Erkundung“ (Phase III). Im September 2020 hat die BGE nach Auswertung der bundesweit erhobenen geologischen Daten in einem ersten Schritt der Phase I deutschlandweit insgesamt 90 Teilgebiete mit einer Fläche von ca. 240 874 km² (insgesamt 54% der Fläche von Deutschland und 15% von Hessen) definiert, welche günstige geologische Voraussetzungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in einem der drei Wirtsgesteine erwarten lassen. Für Hessen wurden fünf Teilgebiete ausgewiesen: zwei in Südhessen (kristallines Wirtsgestein) und drei in Nordosthessen (Steinsalz in flacher Lagerung).
Momentan läuft der zweite Schritt der ersten Phase des Auswahlprozesses mit dem Ziel, aus den bereits identifizierten Teilgebieten bis Ende 2027 eine möglichst geringe Zahl an Standortregionen für die übertägigen Untersuchungen zu bestimmen. Das HLNUG hat hierzu der BGE bereits 2022 Empfehlungen zur Methodenentwicklung für diese repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU) aus hessischer Sicht vorgelegt.
Weitere Informationen:
Mehr Informationen: hlnug.de/themen/geologie/nutzung-tiefer-untergrund/standortauswahlgesetz-endlagersuche
Standortauswahlgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/standag_2017/BJNR107410017.html
BGE Endlagersuche Navigator: https://www.bge.de/de/endlagersuche/standortregionen/endlagersuche-navigator/
Informationsveranstaltung der BGE: https://www.youtube.com/watch?v=PN2vsGqM2b0
Zwischenbericht Teilgebiete der BGE: https://www.bge.de/de/endlagersuche/zwischenbericht-teilgebiete/
Repräsentative vorläufige Sicherheitsuntersuchungen: https://www.bge.de/de/endlagersuche/standortregionen/rvsu/